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Zapper's Delight

■ Der Charme der Unterhaltung an sich: Warum Kerners "J.B.K."-Show heute in die 2. Runde darf

Fernsehunterhaltung ist ein großes Wort. Da sitzen wir in unseren Wohnzimmern, haben das TV-Gerät eingeschaltet, und irgendwann, später, schalten wir den Apparat wieder aus und machen etwas anderes. So funktioniert Fernsehen. Und wenn der Moderator XY uns am Ende noch einmal fürs Zuschauen dankt, um anschließend in die Kamera zu hoffen, daß es uns gefallen habe, fällt es schwer, nein zu sagen. So funktioniert Unterhaltung.

Man könnte sie auch Volksverdummung nennen, wäre das nicht ebenfalls ein großes Wort. Für eine Sendung wie „J.B.K.“ allemal ein viel zu großes. Hinter der Verdummung steckt immer ein kluger Kopf, stecken Wille, Absicht, Plan und Ziel. Doch „J.B.K.“ ist nur eine Unterhaltungssendung. Mehr nicht.

Wenn Johannes B. Kerners donnerstägliche Gesprächsrunde daher ab heute fürs ZDF in die zweite Runde gehen darf, dann weil sie offensichtlich gar nichts anderes will als eben dieses: unterhalten. Und das, obwohl (zumal im öffentlich-rechtlichen Fernsehen) allein auf dem Feld der Unterhaltungs-Talkshows noch manch Konkurrent das Zerstreuungsfeld beackert. Doch während „Riverboat“, „NDR-Talkshow“, „Nachtcafé“ und nicht zuletzt „Boulevard Bio“ immer noch den Eindruck zu vermitteln wissen, sie seien an ihren Gästen interessiert (die ihrerseits meist Profi genug sind, sich entsprechend interessant zu machen), spart sich „J.B.K.“ derlei Mühen lieber gleich ganz. Getalkt hat ein Kerner bei Sat.1 lange genug, jetzt wird geplaudert. Und wenn es sich ausgeplaudert hat, dann holt man sich Knoff-hoff ins Studio: Dann stehen die Promis mit Schutzbrillen aus dem Chemieunterricht vor Chemiebaukästen, bis es pufft. Oder Ulla Kock am Brink geht (nicht weniger symbolgeladen) in einem überdimensionalen Aquarium baden.

Natürlich ist dergleichen nicht wirklich neu. Doch wenn Prominente bei Hänschen Rosenthals „Dalli Dalli“ in 15 Sekunden herunterbeten mußten, was sie so alles mit zum Picknick nähmen („Der Eiersalat war doppelt, den müssen wir leider abziehen...“) oder ein Haufen Werningeroder Azubis für „Wetten, daß...?“ Bierkästen aufeinanderstapelt – dann war und ist solcherlei Unfug legitimiert durch Spiel, Spaß, Spannung oder guten Zweck. Außerdem mußte der Zuschauer bislang schon ein gerüttelt Maß an Unterhaltungsgeduld mitbringen, bis sich das Zuschauen lohnte. Madonna beispielsweise legt nicht alle Tage ihren Kopf an Jürgen von der Lippes Schulter, sondern erst nach langen Wetten bei Thomas Gottschalk; und um mitanzusehen, wie eine Kandidatin Karin Tietze-Ludwig eine Torte ins verdutzte Lottofee-Gesicht drückte, mußte man sich schon Schanzes „Flitterabend“ angeschaut haben wollen.

Bei Kerner muß man nicht nicht warten, sondern bloß einschalten. Hier wird das Unvorhersehbare inszeniert – und das Ereignis (Prominente im Studio) reduziert auf seine Telegenität.

„J.B.K.“ ist Sendeplatz. Und zugleich Zapper's Delight: Wer sich – eins, zwei, drei – durch die Kanäle schaltet, sucht nichts und findet Kerner. Und der hat gutgelaunte Prominente auf der Couch, die wissen, daß Kerners Promoshow nicht weh tut. Bei Kerner tingelt vorbei, wer's nötig hat oder es nicht besser weiß. Heute um 22.15 Uhr sind es Modern Talking, Franka Potente und Volker Brandt. Und in der nächsten Woche sind es eben Juliane Werding, Michail Gorbatschow und Armin Müller-Stahl oder Wolfgang Lippert oder Lucy van Org oder Margarete Schreinemakers oder Gerhard Schröder, egal.

Der Erfolg von „J.B.K.“ ist die Banalität. Das schale Gefühl jedenfalls wartet stets bis nach dem Abspann. Christoph Schultheis

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