: Hans Magnus Enzensberger
Hans Magnus Enzensberger, Jahrgang 1929, kommentiert und prägt mit seinen Essays seit den sechziger Jahren das Geistesleben der Bundesrepublik. Anfangs widmete er sich vor allem der Medienkritik. In den Jahren um 1968 gehörte E. zu den theoretischen Köpfen der Außerparlamentarischen Opposition.
Mit den Wortführern der Studentenbewegung der sechziger Jahre – Bernd Rabehl, Hans-Jürgen Krahl und Karl-Dietrich Wolff – verband ihn die am Startheoretiker Theodor Adorno und seiner Kritischen Theorie geschulte und durch Herbert Marcuse popularisierte Melancholie der Negativität. Das Credo lautete: Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
Andernorts, vor allem in den USA, orientierte sich die Achtundsechzigerbewegung an der Beat- und Popliteratur. Ihr Star war der 1914 geborene Lyriker William S. Burroughs. Von ihm fühlte sich vor allem der junge Undergroundlyriker Rolf Dieter Brinkmann inspiriert, der in seiner Ablehnung der Bundesrepublik E. nicht nachstand.
Das System der Bundesrepublik hielt E. damals für irreparabel, es sei nur durch ein völlig neues ersetzbar. Seine Thesen bestimmten das düstere Deutschlandbild vieler Intellektueller. Erst in den achtziger Jahren korrigierte er sein Bild von der Bundesrepublik, die man seinerzeit aus Verblendung nicht angemessen wahrgenommen habe.
Vor allem E.s Plädoyers für eine „gesellschaftlich relevante“ Literatur mit aufklärerischem und erzieherischem Nutzen hatten manifestartige Wirkung. Veröffentlicht hat er diese 1968 in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift Kursbuch.
Als er im selben Jahr nach Kuba ging, um sich dort in den Dienst der Revolution zu stellen, erfuhren seine Vorstellungen eine Desillusionierung; dennoch verbot er sich, über die katastrophalen Zustände auf der realsozialistischen Insel zu berichten – aus Sorge, er könne der Studentenrevolte dadurch den Elan nehmen. Rückblickend nannte er diesen Vorgang ein Beispiel „linker Selbstzensur“.
1978 erschien deren literarische Aufarbeitung unter dem Titel Der Untergang der Titanic: Der Eisberg (die Geschichte) schlitzt das Schiff (die Utopien) auf und läßt es für immer versinken. Was nach dem Untergang des Fortschrittsglaubens übrigbleibt, sind für Enzensberger lediglich Varianten der Apokalypse.
Enzensbergers Instinkt für die Themen der Zeit hat ihm mitunter den Vorwurf eingebracht, er halte seine Fahne nach dem Wind. Es ist wohl eher so, daß er sich aus Überzeugung den Titel seines letzten Essaybandes als Motto gewählt hat: Zickzack.
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