CDU spielt nicht mit

■ Volksentscheid: Rot-grüner Kompromiß „putzig“, aber unlogischer Quatsch

„Ich frage mich, wie man das den Bürgern überhaupt noch erklären will“, kommentierte gestern der CDU-Verfassungsexperte Rolf Kruse den rot-grünen Kompromiß zur Volksgesetzgebung. Da wolle man der Politkverdrossenheit der Menschen mit direkter Mitbestimmung entgegentreten, und heraus komme eine Regelung, die so kompliziert sei, daß sie nur noch Fachleute verstehen. Der rot-grüne Vorschlag sei „hochwidersprüchlich“ und „unlogisch“.

„Die Koalitionäre haben verhandelt, aber nicht gerechnet“, so Kruse. Es sei „putzig“, daß weniger Menschen zustimmen müßten, wenn viele an einer Volksabstimmung teilnehmen, als wenn wenige hingingen. Am Beispiel: Stimmen rund 400.000 Wahlberechtigte über die Abschaffung der Gesamtschule ab, gilt die Mehrheit, also 200.000. Gehen nur 300.000 zur Wahlurne, müssen 240.000 „Ja“ sagen. Das sei, mit Verlaub, „Quatsch“, auch wenn „der von mir gelegentlich geschätzte Doktor Martin Schmidt daran beteiligt war“. Schmidt ist der Verfassungsexperte der GAL. Außerdem „ärgert mich auch, wenn mit grundsätzlichen Dingen wie Verfassungsänderungen taktisch umgegangen wird“, sagt Kruse. Er werde seiner Fraktion empfehlen, den eigenen Antrag aufrechtzuerhalten.

So folgenlos wie sonst ist die Meinung der Oppositionspartei dieses Mal nicht. Denn es ist davon auszugehen, daß weder der Entwurf der Initiative „Mehr Demokratie“, noch der rot-grüne die erforderlichen 50 Prozent zusammenbekommen, wenn das Volk am 27. September entscheidet. SPD und GAL wollen in diesem Fall eine Verfassungsänderung durch die Bürgerschaft bringen. Für die Zweidrittelmehrheit brauchen sie aber die Stimmen der CDU. „Ich persönlich sage: nein, so nicht“, legt Kruse sich fest. Rot-grün hätte, um aus der Koalitionskrise zu kommen, nur „herumgetüdelt“.

Die spannende Frage wird nun sein, ob jene SPD-Abgeordneten, die ohnehin mit einem eigenen Antrag die GAL herausgefordert hatten, am Mittwoch in der Bürgerschaft gemeinsam mit den Christdemokraten stimmen werden. Denn rote und schwarze Vorstellungen sind in der Frage der Volksgesetzgebung nahezu identisch. Die Sozis in Entscheidungsnöten zu sehen, wird sich die CDU nicht entgehen lassen wollen.

Silke Mertins