: Durchstich bei Hannelore
■ Im Nordteil des Eisenbahntunnels ist die erste Röhre fertig. Unter dem Gleisdreieck wird auch ein Jahr nach der Havarie noch repariert
Der Tunnelbau für die zukünftige Eisenbahnstrecke zwischen Lehrter Bahnhof und dem Lennédreieck beim Potsdamer Platz kommt zügig voran. Die 700 Meter lange Röhre, benannt nach der Kanzlergattin Hannelore, ist erstmals komplett durchstoßen. Gestern wurde die Röhre drei erstmals Pressevertretern präsentiert. Nur die endgültige Sohle und das Gleis für die Regionalbahn fehlen noch. Die Schildvortriebsmaschine, die wie ein Riesenbohrer die Erde wegfrißt, wird jetzt im Lennédreieck auf 16 Luftkissen gewendet, um Röhre vier in Richtung Reichstag durchzubohren. Der Tunnel für Gleis eins ist inzwischen zu zwei Dritteln fertig. Auch dort gräbt sich eine Vortriebsmaschine in Richtung Lennédreieck vor, die anschließend Röhre zwei wieder in die umgekehrte Richtung durchsticht.
Die computergesteuerte Schildvortriebsmaschine ist jeweils 24 Stunden im Einsatz. Sechs Mann sind nötig, um die Bohrung und gleich anschließende Betonierung der Röhre zu koordinieren. Im Schichtbetrieb sind zur Zeit 47 Arbeiter an dem Bauabschnitt tätig, wie der Geschäftsführer der DB Projekt Knoten Berlin, Jürgen Wilms, berichtete. 45.000 Kubikmeter Erde mußten bislang abgetragen werden. Künftig sollen in den beiden äußeren Röhren ICE und in den beiden inneren Regionalzüge verkehren.
Am Südende des Tunnels kommen die Maulwürfe aber weiterhin nicht voran. Gut ein Jahr nach dem Wassereinbruch in die Baustelle des Bahntunnels am Gleisdreieck wird noch immer der Schaden repariert. Der eigentliche Tunnelbau hat noch nicht begonnen. Auch über die Ursache der Havarie besteht noch keine endgültige Klarheit. Das Gutachten, das inzwischen erstellt ist, müsse noch interpretiert werden, sagte der Sprecher der Deutschen Bahn Projekt Knoten Berlin, Horst Heller. Erst danach könne man die Höhe des Schadens beziffern, der sich aber in jedem Fall „am oberen Ende des zweistelligen Millionenbereiches“ befinde, sagte Heller gegenüber der taz. Einen Teil der Kosten wird die Versicherung tragen. Das Gesamtprojekt ist mit vier Milliarden Mark veranschlagt.
Im Juli vergangenen Jahres war Grundwasser in die Baugrube vor den Tunneleingängen, den sogenannten Senkkasten, eingedrungen. Um einen Einsturz des gesamten Baustellengeländes zu verhindern, mußte die Feuerwehr 30.000 Liter Wasser in die Röhre pumpen. Die Fertigstellung der vier Tunnelröhren zwischen Gleisdreieck und Lehrter Bahnhof verschiebt sich dadurch um ein Jahr. 2003 sollen die „Tiergarten-Tunnel“ für zwei ICE und zwei Regionalbahnen zwischen Lehrter Bahnhof und Papestraße benutzbar sein.
Ursprünglich sollte die Reparatur des Schadens nur ein paar Monate dauern. Der vom Gericht bestellte Gutachter habe die Baustelle jedoch erst im Oktober freigegeben, berichtete die Pressesprecherin der DB Projekt Knoten Berlin, Claudia Ruttmann. Die anschließende neue Planung und die aufwendigen Dichtungsarbeiten hätten länger gedauert als angenommen. Ab September soll das Erdreich vereist werden. Erst Anfang 1999 soll dann mit dem Schildvortrieb, der Tunnelbohrung, begonnen werden – eineinhalb Jahre nach dem Wassereinbruch. Jutta Wagemann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen