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Großer Andrang und viel Kritik

■ Zu bombastisch, zu gemütlich, zu flach: Vorwiegend negative Reaktionen der Bevölkerung auf den überarbeiteten Entwurf des Holocaust-Denkmals. Hauptsächlich Rentner unter den ersten Besuchern

Nach Politikern, Historikern, Architekten und Kulturschaffenden sind nun die Berliner an der Reihe: Seit gestern können sie in der Senatsbauverwaltung die Entwürfe für das geplante Denkmal für die ermordeten Juden Europas besichtigen. In den ersten zwei Stunden kamen über 120 Besucher in die Behrenstraße in Mitte. Der größte Andrang herrschte erwartungsgemäß um den überarbeiteten Entwurf des US-Architekten Peter Eisenman, ein begehbares Labyrinth aus 2.700 Betonpfeilern (siehe taz vom 26.8.).

Neben Befürwortung und Unentschlossenheit überwog gestern unter den Besuchern die Ablehnung des von Helmut Kohl favorisierten Eisenman-Entwurfs. „Zu bombastisch, zu militärisch“, meinte der 77jährige Rolf Lange aus Rudow. Nach Ansicht des passionierten Fahrradfahrers, der täglich bis zu 50 Kilometer durch Berlin radelt, um die Entwicklung der Stadt zu verfolgen, braucht Deutschland kein neues Mahnmal. Ginge es nach Lange, der zweieinhalb Jahre im Arbeitslager in Dachau war, könnte man in dem geplanten jüdischen Museum einen Saal zum Gedenken der ermordeten Juden einrichten.

Der 66jährige Hubert Scholz aus Mitte fand das Mahnmal „zu gemütlich“. Er befürchtet, daß der Ort zu einem „Tobeplatz für Kinder“ oder „Ruheplatz für Touristen“ werden könnte. Weil die heutige Generation oftmals nichts mehr mit dem Holocaust anzufangen wisse, dürfe das Mahnmal nicht undokumentiert stehen. Er könne sich vorstellen, das Mahnmal an einer Erinnerungsstätte wie der Wannseevilla zu errichten.

Junge Leute suchte man gestern vormittag vergebens. Das mag an den Öffnungszeiten liegen, die von Anna Sabine Halle vom Bund der Verfolgten des Naziregimes als „menschenverachtend“ bezeichnet wurden. Die 76jährige kritisierte auch den Eisenman-Entwurf. Sie wünsche sich statt dessen „ein Stück Natur zum Gedenken“. Eine Frau, die das Labyrinth aus einigen Metern Entfernung betrachtete, äußerte sich dagegen begeistert: „Ein ausgezeichneter Entwurf. Er sagt aus, was man aussagen soll.“

Einige zustimmende Worte fanden sich auch im Gästebuch: „Eisenmans Entwurf ist das Treffendste. Er sollte umgehend realisiert werden.“ Die Diskussion um das Mahnmal sei „für die Weltöffentlichkeit und für uns unerträglich“. Ansonsten überwogen ablehnende Kommentare. Der Eisenman-Entwurf sei „zu flach und nur aus dem Flugzeug in seiner Wirkung zu erfahren“, schrieb ein Besucher. Ein anderer merkte an: „An den Entwürfen spürt man nichts von dem Greuel.“ Statt dessen sollten ehemalige Konzentrationslager zu „echten Gedenkstätten gemacht werden“.

Nach dem Ausstellungsbesuch diskutierten ein 74jähriger Kreuzberger und ein 64jähriger Reinickendorfer die Entwürfe vor der Tür weiter. „Durch Größe kann man nicht der Masse der ermordeten Juden gerecht werden“, sagte der Reinickendorfer. Der Kreuzberger kritisierte den geplanten Standort in der Nähe des Brandenburger Tores. „Das ist keine besinnliche Stelle.“ Zum Schluß der Unterhaltung ließ er die Katze aus dem Sack: „Es muß mal abgegolten sein.“ Barbara Bollwahn

Die Entwürfe sind in der Behrenstraße 42 noch bis zum 9. September, Mo.–Fr. 10–17 Uhr, zu sehen.

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