: Sozialsenatorin räumt auf
Filz: Interessenverquickung ist künftig per neuer Dienstvorschrift verboten. Filz-Spezialist Riez wird aus diversen Ämtern gekickt ■ Von Silke Mertins
In der ganzen Republik ist Hamburgs Sozialbehörde als SPD-Filz-Hochburg bekannt, seit Senatorin Helgrit Fischer-Menzel (SPD) im März zurücktreten mußte. Gestern nun stellte ihre Nachfolgerin Karin Roth (SPD) den Besen vor, mit dem sie in ihrem Hause aufräumen will. Ab September gilt eine Dienstvorschrift, die Befangenheiten und Interessenkollisionen künftig vermeiden soll. In den Aufsichtsräten und Vorständen der stadtnahen Einrichtungen und Stiftungen werden nun nur noch Behördenmitarbeiter sitzen, die nicht gleichzeitig in der Verwaltung Gelder für dieselben Institutionen bewilligen.
Genau das war im Fall des Senatsdirektors Uwe Riez geschehen, lauten die Vorwürfe. Riez war vormals Geschäftsführer der städtischen Beschäftigungsgesellschaft „Hamburger Arbeit“. Finanzlöcher, die aus seiner Zeit stammten, stopfte er nachträglich. Bis dato war er für die Sozialbehörde Gesellschaftervertreter der „Hamburger Arbeit“. Damit ist's nun vorbei. Auf seinem Platz sitzt künftig Amtsleiterin Elisabeth Lingner. Beide sind in der SPD.
Auch aus den Gremien der Alida-Schmidt-Stiftung, deren Geschäfte Fischer-Menzels Gatte führt, fliegt Riez raus. In wie vielen Gremien stadtnaher Einrichtungen Riez bisher saß und künftig sitzen wird, will Roth nicht preisgeben. Darum gehe es schließlich nicht. Ihr sei daran gelegen, „den Eindruck, daß Interessenkollisionen entstehen könnten“, zu vermeiden. Da Riez die gegen ihn gerichteten Vorwürfe zugegeben habe, sei für sie der Ausgang des Disziplinarverfahrens im übrigen klar; welche weiteren Konsequenzen sich daraus für Riez ergeben, hingegen nicht.
Eine Arbeitsgruppe hat die neue Dienstvorschrift, die laut Roth nun „Klarheit für die Bediensteten schafft“, entwickelt. Der ehemalige Chef des Rechnungshofs, Hermann Granzow, habe sie dabei als Sachverständiger von außen unterstützt. Von den 56 außerbehördlichen Einrichtungen, in deren Aufsichtsgremien die Sozialbehörde bisher Mitarbeiter entsandt hat, werden zehn ganz aufgegeben. Dazu gehört Ökotech und die Haller-Stiftung. „Wir bleiben nur in den relevanten“, so Roth. Bei der Hälfte dieser Organisationen wird es Neubesetzungen geben.
In den großen Einrichtungen wie dem Landesbetrieb Krankenhäuser, Pflegen & Wohnen und der Hamburger Arbeit bleibt der städtische Einfluß erhalten. „Wir wollen das öffentliche Interesse dort weiter wahrnehmen.“ Nur solle es eben nicht mehr mit Verwaltungshandeln vermischt werden. Auch auf Nebenbeschäftigungen, Verwandtschaft sowie materielle oder wirtschaftliche Interessen werden in Zukunft die Befangenheitsregeln angewandt. Die behördliche Arbeitsgruppe ist damit noch nicht am Ende, so Roth. Für weitere problematische Komplexe würden Lösungen erarbeitet, um die Mammutbehörde in den Griff zu bekommen. Daß es dabei auch um Interessensverquickungen mit dem SPD-Parteibuch geht, ist allerdings nicht zu erwarten.
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