: Korrektiv der Globalisierung?
Der Coup ist legendär. 1992 spekulierte der amerikanisch- ungarische Finanzhai George Soros gegen das britische Pfund, machte damit auf einen Schlag 1,5 Milliarden Dollar – und zwang die Bank von England, die Landeswährung abzuwerten.
Devisenmärkte. Täglich wechseln hier bis zu 1.500 Milliarden Dollar am Tag den Besitzer – häufig laufen die Transaktionen im Minutentakt ab. Spekuliert wird auf zum Teil winzige Kursdifferenzen zwischen verschiedenen Landeswährungen. Daß durch kurzfristige Devisenspekulationen nationale Finanzmärkte ins Trudeln geraten und ganze Volkswirtschaften ruiniert werden, zeigen hinlänglich die Finanzkrisen in Mexiko 1994, als der Peso ins Bodenlose fiel, und die Asienkrise im letzten Herbst.
Gerade diese Finanzspekulationen hatte der US-amerikanische Ökonom James Tobin im Blick, als er vorschlug, auf jeden Transfer eine Steuer zu erheben. Kurzfristige, rein spekulative Kapitalbewegungen wären schlicht zu teuer, wenn bei jedem Mausklick eine Abgabe fällig würde.
Die Vereinten Nationen waren von der Idee begeistert: Man könne das Geld gut zur Finanzierung eines weltweiten Sozialfonds gebrauchen und Kursspekulanten würden zugleich in ihre Grenzen gewiesen. Das UN- Entwicklungsprogramm (UNDP) rechnete vor: Schon ein Steuersatz von 0,05 Prozent erbrächte 180 Milliarden Dollar im Jahr. Endlich genügend Geld für Flüchtlingshilfe, endlich genug Geld für Katastrophenhilfe und für den Kampf gegen Seuchen.
Seither taucht die Tobinsteuer als Zauberwort immer wieder bei Diskussionen über die Globalisierung und das internationale Finanzkapital auf. Allerdings: Bisher konnte sich Tobins Vorschlag, für den er 1981 den Wirtschaftsnobelpreis erhielt, nicht durchsetzen. Kritiker führen vor allem zwei Argumente ins Feld: Würde – eine hochangesetzte – Tobinsteuer greifen und damit Spekulationen unterbinden, dann blieben kaum mehr Mittel für den Sozialfonds. Andersherum hätte eine Steuer von so geringem Ausmaß, wie es das UNDP ansetzt, kaum Sanktionskraft. Anhänger der Tobinsteuer beteuern, dies sei lediglich eine Frage der Umsetzung.
James D. Wolfensohn, Präsident der Weltbank, beschreibt indes, worum es bei der Einführung der Tobinsteuer tatsächlich geht – um politischen Willen. Die Tobinsteuer, sagt Wolfensohn, sei „eine gute Idee“, aber es bedürfe schon der weltweiten Bereitschaft, sie auch umzusetzen. uta
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