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Fischen im rechten Teich

■ Die NPD geht inhaltlich modernisiert und mit verjüngter Führungsstruktur auf Stimmenfang. Mangels Chancen auf Erfolge will sich die Neonazi-Partei mit langfristigem Konzept etablieren

„Wir sind die echte Opposition“, „Soziale Gerechtigkeit durchsetzen“, „konsequent, national, sozial“ – so steht es auf den schwarzweißroten Flugblättern, die kurzgeschorene junge Männer samstags vormittags an belebten Einkaufsstraßen verteilen. Die Orte sind austauschbar: Leopoldplatz, Frankfurter Allee, Lichtenberg und Marzahn sind nur einige Stationen, an denen die rechtsextreme NPD seit mehreren Wochen versucht, ihre Wahlpropaganda unter die Leute zu bringen.

Anders als noch vor vier Jahren stehen beim Wahlkampf der NPD heute nicht mehr Themen wie Holocaust-Leugnung und Kriegsschuldlüge im Vordergrund. Neben „Sicherheit, Recht, Ordnung“, sollen Arbeit – natürlich für Deutsche – und sozialer Friede zum Sprung über die 5-Prozent-Hürde verhelfen. Unters Volk gebracht werden die Parolen nicht nur über Infotische, sondern auch mittels Plakaten und Hauswurfsendungen. Erst vor wenigen Tagen brüstete sich die NPD-Spitze damit, daß es ihr durch „unerwartet viele Spenden“ nun möglich sei, „die Haushalte in zwei Wellen mit neuem Info-Material“ bedienen zu können. Die Plakatwerbung soll in diesen Tagen in den östlichen Bezirken gestartet werden, dem Schwerpunkt des NPD- Wahlkampfes. Insbesondere in Marzahn, Hellersdorf und Lichtenberg will die NPD neben ihrer klassischen Klientel auch die ewig unzufriedenen Bürger erreichen.

Um eine Erweiterung ihrer Zielgruppen ist die Neonazi-Partei auch an anderer Stelle bemüht: So tauchen die Rechtsextremisten bei nahezu jedem Heimspiel von Hertha BSC mit ihren Handzetteln „NPD für Hertha“ auf. Und auch vor Arbeitsämtern und bei den Arbeitslosenprotesten der vergangenen Monate versuchten sie wiederholt, das Protestpotential auszunutzen. Starken Zulauf erhielt die Partei im vergangenen Jahr vor allem durch die uneingeschränkte Aufnahme von ehemaligen Mitgliedern (verbotener) Neonazi- Organisationen und junger Skinheads. Der Berlin-Brandenburger Landesverband konnte seine Mitgliederzahl auf diesem Wege mehr als verdoppeln und zählt heute rund 200 Mitglieder; Tendenz steigend.

Die Kandidatenliste für die Bundestagswahl ist Zeugnis für diesen neuen Kurs: Langjährige Funktionäre der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“, wie der gelernte Bankkaufmann Andreas Storr, Jahrgang 68, und seine rechte Hand Lars Macht, Jahrgang 72, besetzen die Listenplätze eins und drei. Altfunktionäre rangieren nur auf den hinteren Listenplätzen. Im Landesvorstand finden sich neben den eher biederen langjährigen NPD- Funktionären Lutz Reichel und Thomas Salomon auch bekannte Neonazis, wie Reinhard Golibersuch und der ehemalige Funktionär der verbotenen FAP, Michael Dräger.

Daß ihre Erfolgschancen bei der Bundestagswahl mehr als gering sind, wissen die NPD-Funktionäre. Nicht nur in Berlin wird ihr Stimmenanteil ein Prozent wohl kaum überschreiten. Während sowohl die DVU als auch die Reps bereits Veranstaltungen mit ihren Bundesvorsitzenden Frey und Schlierer abhielten, spielt die Hauptstadt für die NPD keine besondere Rolle. Die NPD konzentriert ihre vergleichsweise bescheidenen Mittel vielmehr auf einen „Schwerpunkt-Wahlkampf“ in Mecklenburg-Vorpommern, wo neben der Bundestagswahl auch Landtagswahlen stattfinden. Erst in den kommenden Jahren will man sich hauptstädtisch zurückmelden: Der Landesvorstand kündigte an, daß dann Berlin eine „Schlüsselrolle“ spielen werde: „Wem Berlin gehört, dem gehört Deutschland!“ Dieter Neudorf

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