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Belgrad präsentiert Massengrab

■ Zwei angebliche UCK-Kämpfer gestehen im Staatsfernsehen, Serben hingerichtet und verbrannt zu haben. Menschenrechtsorganisation in Pristina fordert unabhängige Untersuchung

Belgrad/Priština (AFP/AP) – Die serbische Polizei hat nach Angaben des Belgrader Innenministeriums im Kosovo ein Massengrab mit den Überresten von 22 Serben entdeckt. Das jugoslawische Fernsehen zeigte gestern Bilder eines Gerichtsverhörs von zwei angeblichen Mitgliedern der Untergrundorganisation Befreiungsarmee des Kosovo (UCK), die zugaben, an der Hinrichtung der Serben im Juli beteiligt gewesen zu sein.

Dem Innenministerium zufolge töteten serbische Polizisten während der Operation, die zur Entdeckung des Massengrabes führte, „mehrere Dutzend“ UCK-Mitglieder. Belgrad forderte die internationale Staatengemeinschaft auf, die für UCK in die Liste der Terrororganisationen aufzunehmen. Unterdessen gingen die Kämpfe zwischen den serbischen Sondereinheiten und Kosovo-Albanern weiter.

Das Massengrab wurde angeblich am Donnerstag bei einer Durchkämmungsaktion der serbischen Einheiten bei Klecka, etwa 30 Kilometer südlich der Kosovo- Provinzhauptstadt Priština, entdeckt. Bei dieser Aktion seien die zwei UCK-Mitglieder festgenommen worden, die von der Erschießung und Verbrennung der Serben berichtet hätten. „Diese bisher schlimmsten und blutigsten Verbrechen wurden nach dem Vorbild der Nazis begangen“, erklärte das jugoslawische Außenministerium und forderte den Westen auf, das Vorgehen von „Terrorbanden“ eindeutig zu verurteilen.

Die Sozialistische Partei (SPS) des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević prangerte die Haltung „gewisser Staaten“ an, die der „faschistischen“ UCK oder deren Führern Unterschlupf gewährten, während dieselben Länder Belgrad mit Sanktionen und mit Militärschlägen drohten. Mit ihrer Kritik zielte die Regierungspartei auf die Nato, insbesondere auf die USA und ihren Sonderbotschafter Richard Holbrooke. Dieser hatte bei seinem Besuch im Kosovo im Juni einen UCK-Vertreter getroffen. In einer Erklärung rief die SPS die serbischen Kampfverbände auf, „alle noch im Kosovo präsenten albanischen Terroristengruppen zu vernichten“.

Die in Priština ansässige „Kommission für den Schutz der Menschenrechte und der Freiheit“ protestierte gestern gegen die serbischen Angaben und forderte, unabhängige Gerichtsmediziner sollten das Grab untersuchen.

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