Angola führt im Kongo seinen eigenen Krieg

■ Angolas Armee kontrolliert den gesamten Westen der Demokratischen Republik Kongo – ideales Aufmarschgebiet gegen die Unita-Rebellen. Ein Ultimatum an die Unita lief gestern ab

Berlin/Brüssel (taz) – Aus dem bisherigen Krieg in der Demokratischen Republik Kongo geht vor allem Angola gestärkt hervor. Dessen Luftwaffe und schwere Artillerie trug entscheidend zur Niederlage der kongolesischen Rebellen im Westen des Landes bei. Nachdem das angolanische Militär bereits im April und Mai 1997 den heutigen Präsidenten Laurent Kabila gegen dessen Vorgänger Mobutu unterstützte und im Oktober 1997 den früheren Militärdiktator von Kongo-Brazzaville, Denis Sassou-Nguesso, erneut an die Macht hievte, ist dies Angolas dritte erfolgreiche Militärintervention in der Region.

„Diese Operation könnte zukünftigen Friedensmissionen als Beispiel dienen“, kommentierte das Staatsfernsehen am Wochenende. „Wir sind gekommen, um eine legitime Regierung zu schützen und die vitalen Interessen Angolas zu garantieren“, erläuterte Angolas Generalstabschef Joao de Matos am Sonntag abend im eroberten kongolesischen Matadi. Er sagte, Angola habe gegen Kongos Rebellen interveniert, weil diese von Angolas Unita-Rebellen unterstützt würden.

Berichten aus Angola zufolge war zu Beginn der Kongo-Intervention am 21. August das Motiv vorherrschend, im Kongo eine Sicherheitszone zu bilden, um die Unita daran zu hindern, aus der Instabilität dort Profit zu ziehen. Bisher kontrollierte Angolas Regierung weniger als ein Zehntel der 2.200 Kilometer langen Grenze zur Demokratischen Republik Kongo.

Ende letzter Woche zeigte das Staatsfernsehen große Mengen von Rüstungsgütern aus der eroberten kongolesischen Militärbasis Kitona, während eine Stimme aus dem Off erklärte: „Dies sind die Waffen der Unita.“ Die Unita sieht das anders. „Die Unita hat keine Basen im Kongo, weil die Regierung Kabila der Unita feindlich gesinnt war“, erklärt der Unita-Vertreter in Brüssel, Azevedo Kangange. Er spricht sich zugleich für die Vermittlungsversuche Südafrikas im Kongo aus.

Aber indem Angolas Militär den Südwesten der Demokratischen Republik Kongo beherrscht, ist es nun in der Lage, die in den letzten Monaten wieder ausgebauten Unita-Stellungen im Nordosten Angolas von hinten anzugreifen. Anfang August hatte Angolas Regierung der Unita ein Ultimatum gestellt, bis Monatsende die von ihr kontrollierten Gebiete zu räumen. Das Ultimatum ist ergebnislos verstrichen.

Gestern wurden erste Zusammenstöße zwischen angolanischen Regierungstruppen und Unita- Kämpfern im Kongo gemeldet. Es ist möglich, daß kongolesische Rebellen und Unita-Einheiten sich jetzt in der angolanisch-kongolesischen Grenzregion zusammentun.

Die unterschiedlichen regionalen Interessen im Kongo führen nun zwangsläufig dazu, daß Angola und Ruanda aufeinanderprallen. Ursprünglich, so wird von Diplomaten in Angolas Hauptstadt Luanda berichtet, war das anders gedacht: Angola wollte Ruanda und Uganda den Osten des Kongo überlassen und selber zusammen mit Simbabwe Kinshasa beherrschen. Dann wollten beide Lager gemeinsam politischen Druck auf Kabila ausüben.

Aber dann leisteten die kongolesischen Rebellen mit ihren Verbündeten unerwartet hartnäckigen Widerstand. Im Militärkrankenhaus von Luanda, das für Zivilisten gesperrt ist, landen seit einigen Tagen nachts große Zahlen von Verwundeten. In Angola wird auch von einem Treffen zwischen der Unita-Führung und Ruandas Regierung gesprochen.

So nimmt Angolas Intervention nun mehr anti-ruandischen Charakter an. An einer direkten Konfrontation besteht allerdings wenig Interesse, und daß Angolas Armee sich dem von Kabila versprochenen nächsten Feldzug gegen die Rebellen im Osten Kongos anschließt, ist unwahrscheinlich. Dafür wird Kabila wohl eher weiße Söldner einsetzen, von denen laut der südafrikanischen Zeitung Mail and Guardian letzte Woche 100 im südkongolesischen Lubumbashi eingetroffen sind. Dominic Johnson

François Misser