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Jugendtreffs bald vor dem Aus?

■ Vier Jugendverbände, die offene Treffs für Jugendliche in der City anbieten, sind plötzlich von Kürzungen bedroht / Bescheide flatterten „wie aus heiterem Himmel“ ins Haus

Bremer Kids müssen damit rechnen, von heute auf morgen in den vier Jugendclubs in der City vor verschlossenen Türen zu stehen: Die Jugendtreffs der Naturfreundejugend, vom Bund der Deutschen PfadfinderInnen, der AUCOOP Handwerker- und Ausbildungskooperative und vom Sielwallhaus sollen plötzlich 6.000 Mark weniger Zuschüsse von der Stadt bekommen. So soll der Treff der Naturfreunde nur noch 300 statt 360 Tage aufmachen, ließ das Amt für soziale Dienste wie aus heiterem Himmel wissen. „Danach müßten wir ab November dichtmachen“, empört sich Anja Stahmann vom NFJ-Vorstand. Denn: Die Kürzung gilt für das laufende Haushaltsjahr.

Dabei war schon im Frühjahr klar, daß für die Bremer Jugendarbeit in diesem Jahr wegen Spardrucks 14.000 Mark weniger da sind, bestätigt Michael Schwarz aus der Jugendbehörde. Der Jugendhilfeausschuß hätte schon im März beschlossen, daß sich Mitte-West sowie der Norden diese Summe teilen müßten – um die sozial belasteteren Bezirke im Bremer Osten und Süden vor Sparquoten zu bewahren. Doch wegen der seit Jahren gängigen Bewilligungspraxis erfuhren die Jugendverbände erst jetzt von der Kürzung – weil die Ämter für soziale Dienste seit Jahren erst im Spätsommer ihre sogenannte Endbewilligung erteilen.

Die Folgen dieser Praxis sind dramatisch: „Die jetzige Kürzung trifft unser Haus in Mark und Bein“, klagt Anja Stahmann von der Naturfreundejugend. Der Verein finanziere sich fast nur über Spenden, hangele sich schon jetzt von Jahr zu Jahr und könne den Jugendtreff nicht aus eigener Kraft offen halten. Bei den anderen Jugendverbänden sieht es ähnlich aus: „Wir müßten wohl dichtmachen“, sagt Rainer Jacobsen vom Bund der Deutschen PfadfinderInnen.

Entsprechend alarmiert ist Ortsamtsleiter Robert Bücking: Man dürfe die kleinen Initiativen, die schon bei geringen Sparsummen zusammenbrechen, auf keinen Fall „austrocknen lassen“, sagt er. Sie leisten „einen hochwertigen Beitrag, um die Stadt zusammenzuhalten.“ Sein Hauptkritikpunkt dabei: Die von Kürzungen fast verschonten Freizeitheime, die in der Vergangenheit wegen mangelndem Reformeifer immer wieder in die Schlagzeilen geraten waren. Dabei verschlingen sie bremenweit mit ihren festen Stellen jährlich knapp acht Millionen Mark, freie Träger dagegen nur knapp vier Millionen. Doch gerade dort sitze „kreatives Potential, das auch in Sparzeiten Drittmittel einwirbt, damit es weitergehen kann.“ Die Arbeit der Verbände koste die Stadt zudem „fast gar nichts“. Bückings Fazit: Es sei zu überlegen, ob man bei den „Freizeitheimen etwas verändern kann.“

Doch in diesem Bereich tut sich weiterhin gar nichts: Zwar wurde vor einem Jahr nach jahrelanger Diskussion festgeklopft, die Freizis durch mehr finanzielle Eigenverantwortung reformieren zu wollen. Doch offizielle Ergebnisse? Bislang Fehlanzeige. Und auch dem für die jetzigen Kürzungen zuständigen Leiter im Amt für soziale Dienste, Gerhard-Ludwig Warrelmann, fällt zu diesem Thema nur eines ein: Man hätte schließlich in den vier Freizis in Mitte und im Westen schon 1,5 Stellen gespart. Mehr sei eben nicht zu machen. „Glücklich“ sei man auch nicht mit der Situation. Aber die Mittel seien eben knapp.

Das wissen auch die betroffenen Jugendverbände. Doch sie sind diese Argumente schon lange leid. Sie wollen sich wehren – und Kontakt zu den Bürgerschaftsfraktionen und zum Jugendhilfeausschuß suchen, um die Kürzungen möglichst rückgängig zu machen. Doch viele Hoffnungen machen sie sich nicht, „im Wahlkampf“, so NFJ-Frau Anja Stahmann. Jugendpolitisch sei in Bremen ohnehin nicht viel in Bewegung, klagt auch Ortsamtsleiter Bücking. In den Jugendclubs träfen sich Kids aus der ganzen Stadt, aber „wenn daraus erstmal wilde Cliquen werden, diskutieren wir wieder über Prävention und Bullerei.“ Katja Ubben

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