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Null Toleranz: Polizeichef muß gehen

■ SPD pocht auf strikte Einhaltung des Laufbahngesetzes: Polizeipräsident wird zu seinem 60. Geburtstag im nächsten Jahr pensioniert. Auch CDU verspürt "wenig Neigung" zu Extrawurst. Kaum jemand weint Sa

Die Tage von Polizeipräsident Hagen Saberschinsky sind offenbar gezählt. „Die SPD wird keiner Regelung zustimmmen, die es Saberschinsky ermöglicht, länger als bis zum Oktober 1999 im Amt zu bleiben“, sagt der innenpolitische Sprecher der SPD, Hans Georg Lorenz. Hintergrund ist, daß Saberschinsky nur nach einer Änderung der Laufbahnverordnung über das 60. Lebensjahr hinaus auf dem Posten bleiben könnte. Auch in der CDU besteht nach Angaben des Vorsitzenden des parlamentarischen Innenausschusses, Rüdiger Jakesch (CDU), „wenig Neigung“, die erst 1994 geänderte Laufbahnverordnung „schon wieder“ zu ändern. Als Kritik an Saberschinsky will Jakesch dies allerdings nicht verstanden wissen. Aus gutunterrichteten Kreisen verlautete aber, „daß kaum jemand in der CDU Saberschinsky eine Träne nachweinen würde“.

Nach der derzeit geltenden Laufbahnverordung müßte der „Vollzugsbeamte“ Saberschinsky im kommendem Jahr mit dem Erreichen des 60. Lebensjahres abtreten. In der Schublade der Innenverwaltung liegt aber ein Referentenentwurf für ein neues Laufbahngesetz, nach dem der Polizeipräsident in den Status eines Verwaltungsbeamten erhoben werden soll, der erst mit 65 Jahren ausscheidet. Saberschinsky hat bereits seine Bereitschaft erklärt, bis zum Jahr 2004 weiterzumachen. Er wirke nicht so, als ob er damit rechne, im kommenden Jahr abzutreten, heißt es aus Polizeikreisen.

Die SPD will den Polizeipräsidenten eines Besseren belehren. „Wir werden dem Gesetz nur zustimmen, wenn Saberschinsky geht“, so Lorenz. Der SPD-Abgeordnete hat schon früher keinen Hehl daraus gemacht, daß er den der CDU nahestehenden Saberschinsky für einen „heillos überforderten Bürokraten“ hält. Bislang war Lorenz aber stets von der SPD-Fraktionsspitze zurückgepfiffen worden, wenn er den Rücktritt des Polizeichefs forderte. Diesmal stehe die Fraktion jedoch hinter ihm, betont Lorenz. Seiner Meinung nach braucht die 28.000 Mitarbeiter zählende Polizeibehörde einen „fortschrittlichen, reformfreudigen Menschen“. „Das Parteibuch ist mir letztlich egal“, will Lorenz glauben machen.

Fakt ist, daß es nach dem Ausscheiden des Landeskriminalamtsleiters Dieter Schenk (SPD) im Führungsstab der Polizei kein SPD-Mitglied mehr gibt. Auch von den sieben Direktionsleitern ist nur einer Sozialdemokrat. Für den vakanten Posten des Polizei-Vizepräsidenten werden laut Lorenz nur zwei Bewerber vom Innensenator in die engere Wahl gezogen: der parteilose Landesschutzpolizeidirektor Gernot Piestert und ein Verwaltungsspezialist der Bundeswehr. Lorenz plädiert dafür, den Posten mit einem fähigen Kopf von außerhalb zu besetzen. „Es ist dringend notwendig, die Flaschenzüge hier hängenzulassen“, kritisiert er die Beförderungspraxis der Berliner Polizei.

Wenn es nach der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ginge, würde die mit einem Jahresgehalt von 152.000 Mark brutto dotierte Stelle des Vizepräsidenten nicht besetzt, „um zu zeigen, das oben genauso gespart wird wie unten“, sagt der Vorsitzende Eberhard Schönberg. Die Bündnisgrünen sehen das ebenso. Im Gegensatz zur CDU haben sie mit ihrer Kritik an Saberschinsky nie hinter dem Berg gehalten. Daß der Polizeipräsident im Oktober 1999 just zum Zeitpunkt der Berliner Landtagswahlen 60 Jahre alt wird, sei doch ein glücklicher Umstand, freut sich der innenpolitische Sprecher der Grünen, Wolfgang Wieland. „Dann kann eine rot-grüne Regierung pünktlich zum Machtwechsel eine neue, reformerische Führungskraft an die Polizeispitze setzen.“ Plutonia Plarre

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