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Mexikos blühende Landschaften

Präsident Ernesto Zedillo hat in jüngster Zeit die Öffentlichkeit gemieden. In seiner jährlichen Adresse ans Parlament umgeht er alle brisanten Themen  ■ Aus Mexiko-Stadt Anne Huffschmid

„Wir Mexikaner von heute lehnen den Autoritarismus ab“, teilte der mexikanische Präsident seinen Landsleuten tapfer mit. Um dieses zu verkünden und Rechenschaft über sein viertes Amtsjahr abzulegen, war Ernesto Zedillo am Dienstag im mexikanischen Parlament zur Präsidialadresse angetreten – der erste große öffentliche Auftritt seit langem.

Der unscheinbare Technokrat Zedillo hatte allen Grund, auf Tauchstation zu gehen: Seit die Opposition bei den Parlamentswahlen letztes Jahr zum ersten Mal in fast 70 Jahren die angestammte Mehrheit der Institutionell-Revolutionären Regierungspartei PRI brechen konnte, geht nichts mehr so glatt über die politische Bühne wie ehedem. Vollkommen ungewohnte Diskussionen über Wirtschaftspolitik, Haushalt und Gesetzesinitiativen müssen geführt werden.

Zwei der größten Tabus des mexikanischen Präsidentialismus allerdings wurden auch am Dienstag nicht gebrochen: Selbstkritik und Wirklichkeitsnähe. Während die Republik in hitzige Debatten um Bankenkrise und Börsencrash, um Polizeikorruption und Parteispendenskandale verstrickt ist, brachte es Ernesto Zedillo auch diesmal wieder fertig, von einem Mexiko der Schulfrühstücke und Impfkampagnen zu berichten. Kein Wort von der Massenarmut – obwohl die Zahl der statistisch „extrem armen“ MexikanerInnen in seiner Amtszeit von 18 auf 24 Millionen gestiegen ist. Kein Wort auch zur sogenannten Indio-Frage, zu Massakern, geschweige denn zum schwelenden Fast-Bürgerkrieg in Chiapas.

Reumütig gab sich der Präsident nur beim populären Thema Verbrechensbekämpfung: „In Sachen öffentlicher Sicherheit haben wir versagt“, gestand Zedillo ein und kündigte höhere Strafen und einen „Kreuzzug gegen das Verbrechen“ an. Daß Zedillos Ankündigungen an mangelnder Rechtsstaatlichkeit und den Seilschaften zwischen Kriminellen, Behörden und korrupten Polizisten irgend etwas ändern, darf bezweifelt werden – ebenso wie die Wirksamkeit seines Versprechens, künftig auch Wirtschaftskriminelle „viel stärker zu bestrafen“. Schließlich gelten zwielichtige Bankiers und Großunternehmen als wichtige Finanziers der Regierungspartei.

Um all diese delikaten Angelegenheiten aber solle sich künftig doch auch die Legislative stärker kümmern, meinte Zedillo und wies schlau darauf hin, daß man es schließlich nicht mehr mit einer „exzessiven Präsidentenmacht“ zu tun habe. Jahrelang nämlich haben Regierungskritiker den Autoritarismus bekämpft – nun beklagen sie die Führungsschwäche des Präsidenten. Für den Aufbau einer postautoritären Ordnung mag sein fehlendes Charisma zwar förderlich sein. Jetzt aber, wo es im Gebälk knirscht und kracht, droht Zedillos Abtauchtaktik ein gefährliches Machtvakuum entstehen zu lassen.

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