Schlag gegen Extremisten

■ OSZE streicht kroatische Nationalisten von den Wahllisten in Bosnien-Herzegowina

Sarajevo (taz) – Die OSZE hat fünfzehn Kandidaten der „Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft“ (HDZ) die Teilnahme an den Präsidenten- und Parlamentswahlen in Bosnien-Herzegowina am 12. und 13. September verboten. Im Gegenzug drohte die HDZ am Samstag mit einem Boykott der Wahlen und behauptete, die internationale Gemeinschaft wolle mit ihrer Entscheidung die Wahlen beeinflussen.

Hintergrund ist der schon seit längerem schwelende Konflikt der internationalen Institutionen in Bosnien-Herzegowina mit dem kroatischen Fernsehen HRT, das die wichtigste Informationsquelle für Kroaten in Bosnien-Herzegowina darstellt. Bisher hat HRT offen Wahlhilfe für den bosnischen Zweig der kroatischen Regierungspartei HDZ geleistet, ohne andere politische Kräfte zu Wort kommen zu lassen. Alle Fernsehstationen in Bosnien-Herzegowina sind aber dazu aufgerufen, die Wahlspots aller Parteien zu senden. Die von der Medienkommission der OSZE verfügte Strafmaßnahme kann als ungewöhnlich bezeichnet werden. Füge sich das kroatische Fernsehen nicht, würde jeden Tag einer der HDZ-Kandidaten von der Wahlliste gestrichen, erklärten ihre Sprecher.

Die ganzen Angelegenheit hat im Wahlkampf große Bedeutung. Denn mit Kresimir Zubak – der bisherige Vertreter der bosnischen Kroaten im Staatspräsidium – ist bereits einer der prominentesten kroatischen Politiker in Bosnien- Herzegowina aus der Phalanx der kroatischen Nationalisten ausgebrochen und hat seine eigene Partei „Neue Kroatische Initiative“ gegründet. Der Grund: Die HDZ blockiere die Umsetzung des Dayton-Abkommens, so in der Frage der Rückkehr der Vertriebenen.

Zubak und seine Partei stützen sich auf die Kroaten in Zentralbosnien, während die Kroaten der Westherzegowina mit dem Zentrum West-Mostar weiterhin der HDZ folgen. Da sich Zubak eindeutig für Dayton ausgesprochen hat, kann er sich internationaler Unterstützung sicher sein.

Der Vorwurf der HDZ also, die internationale Gemeinschaft versuche Zubak zu unterstützen, ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Die Nationalisten, die in den Kroatengebieten Bosnien-Herzegowinas ein Einparteiensystem aufgebaut hatten, sind in eine Zwickmühle geraten. Gelänge es Zubak, seine Wahlkampagne auf die Westherzegwoina auszudehnen, vergrößerte er seine Chancen, als führende kroatische Kraft aus den Wahlen hervorzugehen. Verweigert die HDZ aber die Wahlwerbung der anderen, bekommt sie die Strafmaßnahmen der OSZE zu spüren. Erich Rathfelder