: Weder Geld noch gute Worte für Rußland
■ Die EU-Außenminister können sich auf keine Hilfsmaßnahmen für Rußland einigen. USA bekommen Angst vor einer globalen Krise. Auch die Ukraine gerät in den Strudel und mußte ihre Währung abwerten. IWF
London/Moskau/Berlin (AP/ dpa/taz) – Der US-Notenbankchef Alan Greenspan hat erstmals indirekt zugegeben, daß sich die Finanzkrisen in Rußland und Asien tatsächlich zu einem globalen Problem entwickelt haben. Es sei unrealistisch, daß die USA eine Oase des Wohlstands inmitten einer Welt zunehmender Spannungen bleiben könnten. Er sei bereit, die Zinsen zu senken, wenn die Konjunktur in Gefahr sei. Großbritannien berief für diese Woche eine Dringlichkeitssitzung der sieben größten Industriestaaten (G7) ein.
Unterdessen hagelte es Kritik an den Plänen, die der amtierende russische Premierminister Viktor Tschernomyrdin am Freitag vorgestellt hatte. Angesichts der angekündigten „Wirtschaftsdiktatur" und einem Anwerfen der Notenpresse seien neue Kredithilfen verlorenes Geld, waren sich die EU- Außenminister einig, die am Wochenende in Salzburg zusammengekommen waren. Solange die politische Konstellation in Moskau so unklar sei, dürfe die EU nicht „in Aktionismus verfallen“, sagte der deutsche Außenminister Klaus Kinkel.
Kinkels italienischer Kollege Lamberto Dini schlug ein Moratorium für russische Auslandsschulden vor. Das aber lehnt Kinkel klar ab. Rußland ist mit 20 Milliarden Dollar in Deutschland verschuldet, wovon 15 Milliarden durch staatliche Hermesbürgschaften abesichert sind. Während Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt sich am Wochenende für weitere Hermesbürgschaften für Rußlandgeschäfte aussprach, äußerte sich SPD-Kanzlerkandidat Gerhard Schröder klar dagegen. Die Salzburger EU-Runde beschloß gestern lediglich, die Außenminister Deutschlands, Österreichs und Großbritanniens so bald wie möglich nach Moskau zu entsenden – das heißt, sobald es dort eine stabile Regierung gebe. Heute stellt sich Tschernomyrdin erneut zur Abstimmung im Parlament.
Die Entwicklung der russischen Finanzkrise scheint sich nun in der Ukraine zu wiederholen. Am Freitag mußte die Regierung in Kiew nach starken Kursverlusten den Wechselkurskorridor der Landeswährung Griwna nach unten ausweiten. Angesichts weigehend aufgebrauchter Währungsreserven hatte die ukrainische Nationalbank zuvor den Dollarhandel der Banken untereinander ausgesetzt.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) billigte einen Kredit im Umfang von 2,2 Milliarden Dollar zur Abfederung der Auswirkungen der russischen Krise auf die Ukraine. Die ersten 257 Millionen Dollar sollen bereits diese Woche ausgezahlt werden. Die Ukraine wickelt 40 Prozent ihres Außenhandels mit Rußland ab. lieb
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