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Gewalt nimmt zu

■ Innenminister Kanther interpretiert Kriminalstatistik nach seinem Belieben

Frankfurt/Main (AP/taz) – Die Zahl der Straftaten in Deutschland ist im ersten Halbjahr 1998 weiter gesunken, derweil die Aufklärungsquote gestiegen ist. Das berichtete Bundesinnenminister Manfred Kanther am Wochenende mit Berufung auf die jüngste Statistik des Bundeskriminalamtes. Bild und Focus nannten konkrete Zahlen. Demnach sank in den ersten sechs Monaten die Zahl der Verbrechen um 0,6 Prozent. Die Aufklärungsquote von Straftaten in Deutschland sei von 50,8 Prozent auf 52 Prozent gestiegen.

Allerdings habe die Zahl der jungen Straftäter massiv zugenommen: Gegen 81.000 Kinder unter 14 Jahren wurde als Tatverdächtige ermittelt. Bei den Jugendlichen bis 18 Jahren habe die Statistik 167.000 Tatverdächtige registriert. Gegenüber dem ersten Halbjahr 1997 sei dies ein Anstieg um 8,3 Prozent bei den Kindern und 5,7 Prozent bei Jugendlichen. Der Grünen-Politiker Volker Beck warf der Bundesregierung Versagen bei der Bekämpfung der Kinder- und Jugendkriminalität vor. Fehlende Ausbildungsplätze und die hohe Jugendarbeitslosigkeit vermittelten Jugendlichen Perspektivlosigkeit.

Der seit 1994 zu verzeichnende Anstieg der Gewaltkriminalität dauert offenbar ebenfalls an. So soll die Statistik ein Plus von 5,8 Prozent bei den Fällen von gefährlicher und schwerer Körperverletzung auflisten. Die Zahl der Gewalttaten wie Mord, Totschlag oder Vergewaltigung soll um 2,4 Prozent gestiegen sein.

Doch Kanther setzt auf Law and order. Er betont, daß die Kriminalitätsdaten in Süddeutschland wesentlich besser seien als etwa in Niedersachsen oder Schleswig- Holstein. Es dürfe eben nicht beim Polizeipersonal gespart werden. Dies sei in den norddeutschen Ländern in starkem Maße geschehen, in Süddeutschland wesentlich weniger. „Infolgedessen haben wir in Bayern eine Aufklärungsquote von 65 Prozent und in Niedersachsen von 51 und in Schleswig-Holstein von 46“, so Kanther.

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