: Unterm Strich
Nach Eberhard Diepgen lehnt nun auch der Schriftsteller Martin Walser das Holocaust- Mahnmal ab. Walser allerdings nach Walser- Art rundum und ganz und gar und ohne irgendwelche Rücksichten. „Nehmen Sie alle Städte der Welt und prüfen, ob es irgendwo ein Denkmal gibt für Schande. Ich kenne kein einziges“, sagte Walser in einem Interview mit der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post. „Es gibt für so etwas Entsetzliches wie den Holocaust keine öffentlichen Denkmäler, und es sollte sie auch nicht geben.“
Das Gewissen sei die persönlichste Sache überhaupt. „Wenn man glaubt, man müsse das lebendig erhalten, durch ein fußballfeldgroßes Denkmal, erreicht man nichts“, sagte Walser, der am 11. Oktober in der Frankfurter Paulskirche den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels entgegennimmt. Wenn das Gewissen auf diese Weise angestoßen werden solle, „reagiert es mit Porenverschluß“. Walser: „Das Gewissen wachzuhalten ist die Aufgabe von uns allen, und es geschieht, was den Nationalsozialismus anbelangt, im Schulunterricht und in den KZ- Gedenkstätten.“ Walser hält die Idee eines solchen Mahnmals schon vom Ansatz her für verfehlt. Er interpretiert den Entwurf als „Horrorlandschaft, in dem jeder Barackensiedlungen von Konzentrationslagern sehen muß“. Irgendwohin gestellt, wo es kein KZ gegeben habe, sei es eine Plastik wie andere auch. „Mitten in der Hauptstadt, am Brandenburger Tor und als Holocaust-Mahnmal, ist es monströs. Man glaubt, daß man der Schwere der Taten quantitativ entsprechen kann. Das ist ein Irrtum.“ Walser befürchtet, dieses Mahnmal „würde ununterbrochen Schändungen provozieren. Wir würden damit ständig in den Schlagzeilen der Weltpresse sein.“ Es werde dann nichts anderes übrigbleiben, als es zu bewachen. „Aus dem Mahnmal würde eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Wächter.“
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