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400 Stunden im Monat sind zuviel

Jährlich sterben Hunderte Menschen auf den Straßen, weil Lkw-Fahrer übermüdet hinterm Steuer sitzen. Die Brummilenker fordern bessere Arbeitszeitregelungen und mehr Schutz vor Unternehmerwillkür  ■ Von Jürgen Voges

Hannover (taz) – „Übermüdung tötet!“ Unter diesem Motto stand gestern der zweite internationale Aktionstag der Lkw- und Busfahrer, mit dem die Internationale Transportarbeiterföderation (ITF) und die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) für humanere Arbeits- und Lenkzeiten demonstrierten. Schon am frühen Morgen blockierten die kampferprobten französischen Fernfahrer die Europabrücke bei Straßburg, die Einfahrt des nach Italien führenden Mont-Blanc-Tunnels und Grenzübergänge nach Belgien, Luxemburg und Spanien. In Deutschland zählte die ÖTV rund dreißig Aktionen an Grenzen und auf Autobahnraststätten.

Blockaden waren hierzulande allerdings von vornherein nicht geplant. Lediglich zu Verkehrsstörungen könne es „durch Menschenansammlungen und Diskussionen kommen“, sagte der stellvertretende ÖTV-Vorsitzende Wolfgang Warburg mittags in Hannover. In Niedersachsen hatten bis dahin gut 30 gewerkschaftlich organisierte Fernfahrer auf drei Autobahnraststätten und vor der Internationalen Automobilausstellung Nutzfahrzeuge Flugblätter verteilt. Zentrale Forderung: kürzere Arbeitszeiten.

Nach Angaben der ÖTV bewegt sich die monatliche Arbeitszeit von Lkw- und Busfahrerinnen und -fahrern in Deutschland gegenwärtig zwischen 300 und 400 Stunden – die tarifvertraglich geregelte Höchstarbeitszeit liegt bei 244 Stunden, bei einem Bruttogehalt von 4.000 bis 5.000 Mark, das aber kaum jemand erhält. Die meisten Betriebe rechnen nicht nach Stunden ab, sondern zahlen pauschal 3.500 bis 4.000 Mark. Die ÖTV will mit ihren europäischen Schwesterorganisationen europaweit zumindest eine Arbeitszeit von wöchentlich 48 oder monatlich 206 Stunden durchsetzen. Dabei sollen Lade- und Wartezeiten voll angerechnet werden, allerdings nicht die Ruhepausen am Rande der Autobahn.

Seit der EU-weiten Liberalisierung des Straßengüterverkehrsmarktes am 1. Juli hat sich der Wettbewerb noch einmal verschärft. Leidtragende sind die Fahrer, die sich nicht gegen den Druck der vorwiegend kleinen und mittleren Unternehmer wehren können und deswegen auch die erlaubten Lenkzeiten mehr oder minder regelmäßig überschreiten. „Dadurch wachsen für alle Verkehrsteilnehmer die Gefahren auf den Straßen“, sagte Warburg.

Im vergangenen Jahr sind bei von Fernfahrern verursachten Verkehrsunfällen 730 Menschen getötet, 6.800 schwer und 27.100 leicht verletzt worden. „Bei etwa 30 Prozent dieser Unfälle müssen wir Übermüdung als Ursache annehmen“, sagte Warburg und verlangte auch eine effektivere Kontrolle der Lenkzeiten.

Die ÖTV will, daß die Einsatzpläne der Fahrer direkt in den Betrieben kontrolliert und Manipulationsmöglichkeiten am Fahrtenschreiber, der immer noch das Hauptinstrument zur Überprüfung der Fahrdauer darstellt, eingeschränkt werden. Fahrtenschreiber funktionieren immer noch mechanisch und werden manuell bedient. Dabei wären längst elektronische Kontrollen möglich. Warburg lobte auch die strengeren Richtlinien in Frankreich. Dort müssen Bußgelder sofort entrichtet werden, bis zur Zahlung wird der Lkw beschlagnahmt.

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