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Ausländerfeindliche Parolen per Post

■ Deutsche Volksunion wirbt bundesweit mit 13 Millionen Wurfsendungen, die per Post zugestellt werden. ZustellerInnen protestieren – doch es nützt nichts

Die Post, die mehrere tausend Bremer dieser Tage in ihren Briefkästen finden werden, hat es in sich: „Eine multikulturelle Gesellschaft ist im Grundgesetz nicht vorgesehen“, schreibt die „Deutsche Wochen-Zeitung“ unter der Rubrik: „Hieb und Stich“. Das Blatt, das mit fremdenfeindlichen Parolen um Stimmen für die Deutsche Volksunion wirbt, erscheint im Münchener DSZ-Verlag, der auch die „Deutsche Nationalzeitung“ herausgibt. „Die Politiker der Altparteien müssen spüren, daß sich die Deutschen nicht mehr alles gefallen lassen. Nur wenn Druck von rechts kommt, tut sich was fürs deutsche Volk“, wird der Verleger und DVU-Bundesvorsitzende Gerhard Frey zitiert.

13 Millionen Exemplare der Deutschen Wochen-Zeitung verschickt die DVU nach Angaben der Postgewerkschaft derzeit im gesamten Bundesgebiet. „Das Problem haben wir vor jeder Wahl“, seufzt Karl-Heinz Antelmann, Pressesprecher der Post in Bremen. „Wir können uns unsere Kunden nicht aussuchen. Wir haben eine Annahme- und Zustellpflicht.“ Diese Annahme- und Zustellpflicht ist im Postgesetz geregelt. Die Post kann nur Sendungen ablehnen, die „äußerlich erkennbar“ gegen einen Straftatbestand verstoßen. Ob das Flugblatt den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt, ist strittig. Nach Paragraph 130 des Strafgesetzbuches wird mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, „wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, die Menschenwürde anderer dadurch angreift, daß er sie beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet.“ Doch die gängige Rechtsprechung zur Volksverhetzung ist kompliziert. Viele Äußerungen sind durch das Recht auf Mei-nungsfreiheit gedeckt.

Unter der Rubrik: „Unsere Meinung“ heißt es in der Deutschen Wochenzeitung beispielsweise: „Statt Hunderttausende solcher Ausländer, die wegen schlechter Ausbildung keine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben, auf alle Ewigkeit durchzufüttern“, müßten sie in ihre Heimat zurückkehren. „Über 50 Milliarden Mark gehen für Scheinasylanten, Bürgerkriegsflüchtlinge, in deren Heimat der Krieg längst aus ist, und ähnliche Ausländer drauf“, schreibt das Blatt an anderer Stelle. „Dies ist nicht Rassismus, sondern bloß gesunder Menschenverstand.“ Darüber hinaus bietet das Blatt per Coupon eine CD zum Bestellen an. Titel: „Deutschland, Deutschland über alles“.

633.480 ausländische Tatverdächtige seien 1997 registriert worden, meldet das Blatt unter der Überschrift „Alarm! Ausländer-Kriminalität“. Die Zahl stammt aus der Kriminalstatistik des Innenministeriums und ist korrekt. Was die Autoren allerdings verschweigen: Etwa ein Drittel, 180.977 der „nichtdeutschen Tatverdächtigen“, sind wegen „Straftaten gegen das Ausländergesetz“ auffällig geworden – Straftaten, die Deutsche nicht begehen können. Die Postgewerkschaft hat unterdessen erklärt, daß sich die Zustellerinnen „nicht mit den Inhalten dieser Sendungen“ identifizieren. „Am liebsten würden sie diese Sendungen nicht ausliefern.“ Da es aufgrund der Zustellung oft zu „unerfreulichen Auseinandersetzungen“ (Antelmann) mit den Empfängern käme, hat jetzt auch die Postverwaltung reagiert: Für die rund 500 Zusteller in Bremen hat sie Buttons bestellt. Aufschrift: „Gegen Ausländerfeindlichkeit und Fremdenhaß“.

Kerstin Schneider

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