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Zum Heilfasten zwischen den Einwänden

■ Die beiden Bremer Künstler Achim Bertenburg und Horst Müller verwandeln die GAK in ein Philosophieseminar

Weiß ist diesmal die Einladungskarte der Gesellschaft für aktuelle Kunst (GAK), na gut, nicht Blendamed-Weiß, eher so weiß wie Omis verstaubtes Hochzeitskleid – oder ist's das ihrer Totenkerze? Eigentlich ist ja auf dem Foto nur die leer- (oder frei-) geräumte GAK zu sehen. Aber dank Überbelichtung ist dieses Dokument architektonischer Vanitas verschwommen. Und Glück und Tod sind es schließlich auch. Auf dem edlen Nichts von einer Einladungskarte schweben die Namen Achim Bertenburg und Horst Müller, schwarz, schmucklos, serifenlos.

Auch die beiden Bremer Künstler haben die GAK nicht viel voller gemacht. Sie halten den Besucher auf Diät. Schonkost ist es nicht. Vielleicht ein Heilfasten? Wände verwandeln sich in monochrome Gemälde, Gelb, Rosa, Grau, Grau und Grau. Der Boden war sowieso schon immer ein glänzend graues Gemälde. Ein halbfertiges Kanu inklusive zugehörigem Werktisch, ein Architekturbild, ein Eierparcours, das Foto eines Rennradsattels (Stiersymbol? Windhund? Penis?), ein Ventilator, das war's. Kleine Wohnzimmer sind in der Regel voller. Wer mit Zeichen und Wundern geizt, muß sie wenigstens schlüssig setzen. Tut Horst Müller auch in einem Fall. „Dieser Stern lehrt beugen“, steht auf dem Kärtchen; oben an der Decke kreist sanft ein Ventilator und spiegelt sich in einem Suppenlöffel. Erst in dieser Spiegelung am Boden sieht er aus wie ein Stern. Nachfolgen wie dem von Betlehem kann man ihm nicht. Hinunterknien lautet vielmehr der Befehl des Künstlers. Klar, daß diese Mini-Installation einlädt zum Nachdenken über die alte Plage namens Sehnsucht, die kleine und große, die dunkle und helle, die nahe und ferne, die niederdrückende und aufrichtende.

Schwieriger sind schon die Gipseier. Müller selbst motiviert diese Geschichte einer Zellspaltung zu einem Ideenrhizom, das die Themen Faschismus, Bauhaus, kretischer Minotaurus, Labyrinth, Chaos und Unendlichkeit sanft touchiert. Heutzutage legen Künstler darauf wert, es dem Betrachter schwer zu machen. Warum eigentlich? Sind sie am Ende Sadisten?

Wäre das Denken ein Goldbarsch, dann müßte man wohl sagen, daß auch Bertenburgs Kanu geizt mit Haken zum Anbeißen. Als erziehender Vater arbeitet er an der Integration von Kunst und Leben. Wenn das Kanu fertig ist, dürfen die Kinder damit in die Welt hinaus schwimmen. Bei allen Einwänden: Ein schöner Raum zum Meditieren – und um sich zu streiten, zum Beispiel mit Künstlern. bk

Eröffnung heute, 12. September, um 16 Uhr; die Ausstellung ist bis zum 15. November zu sehen

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