Duma stimmt für Primakow

Mit großer Mehrheit wählt Rußlands Parlament den bisherigen Außenminister zum Premier. Der bittet um eine mehrmonatige Schonfrist für seine Regierung  ■ Aus Moskau Klaus-Helge Donath

Die Duma wählte gestern Jewgini Primakow mit 315 Stimmen bei 63 Gegenstimmen zum neuen russischen Premierminister. Nur die LDPR-Fraktion des Chauvinisten Wladimir Schirinowski stimmte gegen den ehemaligen Außenminister, der erst am Donnerstag von Präsident Jelzin als Kompromißkandidat ins Rennen geschickt worden war.

Vor der Abstimmung hatte sich Präsident Boris Jelzin gestern zum erstenmal seit Ausbruch der Regierungskrise vor drei Wochen in einer Fernsehansprache an die Bürger gewandt: „Die Aufgabe, die die neue Regierung bewältigen muß, ist nicht leicht“, so der Kremlchef. „Ich bin aber sicher, sie wird die Probleme meistern, weil die von Jewgeni Primakow geführte Regierung die Unterstützung des Präsidenten und des Parlaments besitzt.“

An der Wahl Primakows bestand kein Zweifel. Vor der Duma- Abstimmung hatten sich die Vorsitzenden fast aller Fraktionen für die Wahl des 68jährigen bisherigen Außenministers ausgesprochen. Der inthronisierte Premier hatte in seiner Vorstellungsrede die Parlamentarier gebeten, der neuen Regierung eine mehrmonatige Schonfrist einzuräumen. Bei der Regierungsbildung lasse er sich nicht von parteipolitischen Erwägungen leiten, meinte Primakow, die Professionalität der neuen Minister sei ausschlaggebend.

Grigori Jawlinski, der als erster die Kandidatur Primakows angeregt hatte, kündigte an, seine reformorientierte Partei Jabloko unterstütze zwar die Kandidatur, sei aber nicht bereit, an der Regierungsbildung teilzunehmen. Mit Juri Masljukow als Vizepremier übernimmt ein alter Apparatschik und Kommandowirtschaftler die Leitung der Wirtschaftspolitik.

Die Duma hatte gestern auch noch über die Kandidatur des neuen Zentralbankchefs Wiktor Geraschtschenko zu entscheiden. Der Haushaltsausschuß der Duma hatte dessen Wahl bereits befürwortet. Geraschtschenko, der 1994 als Zentralbankchef am „schwarzen Dienstag“ einen massiven Rubelsturz mitverursacht hatte, kündigte unterdessen die Entlassung der gesamten Führungsetage der russischen Zentralbank an. Jelzins Präsidialamt soll diese Entscheidung bereits abgesegnet haben. Bericht Seite 11