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Dem IWF geht langsam das Geld aus

■ Die Krisen in Asien und Rußland treiben die IWF-Kreditvergabe auf eine Rekordhöhe. Die Rolle des Fonds bei Finanzkrisen soll auf der bevorstehenden Jahrestagung überdacht werden

Berlin/Washington (taz/dpa/rtr)

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat 1997/98 soviel Geld verliehen wie nie zuvor. Dies geht aus seinem aktuellen Jahresbericht hervor. Im Ende April ausgelaufenen Geschäftsjahr vergab der IWF 25,6 Milliarden Dollar (43,5 Milliarden Mark) Kredite, viermal mehr als im Vorjahr. Seit Beginn des neuen Haushaltsjahrs vereinbarte der Fonds mit Rußland einen weiteren Kredit von 10 Milliarden Dollar.

Weil ihm das Geld langsam ausgeht, hat der IWF die USA dringend aufgefordert, Mitgliedsbeiträge von fast 18 Milliarden Dollar endlich freizugeben. Sonst könne der Fonds seine Aufgaben angesichts der Finanzkrisen in zahlreichen Ländern nicht mehr voll wahrnehmen, warnte der stellvertretende IWF-Generaldirektor Stanley Fischer.

Insgesamt schulden seine Mitgliedsländer – besonders die asiatischen Krisenländer – dem IWF den Rekordwert von 75,4 Milliarden Dollar, 20 Milliarden mehr als im Vorjahr. Im Dezember hatte der Fonds daher beschlossen, sein Kapital um 45 Prozent zu erhöhen. Doch müssen die Mitgliedsländer erst noch zustimmen. Während die Bundesrepublik die Anhebung im Juni abgesegnet hat, blockiert der US-Kongreß eisern die Mittel.

Der US-Beitrag ist laut Fischer so wichtig, weil der IWF möglicherweise schon bald den lateinamerikanischen Staaten zu Hilfe eilen müsse. Gegenwärtig habe der IWF nur noch zwischen 5 und 9 Milliarden Dollar verfügbar. Allerdings hat der IWF noch Zugriff auf einen Notfallfonds der Industrieländer von 15 Milliarden Dollar. US-Präsident Bill Clinton versprach, er werde den Druck auf den Kongreß erhöhen. Sein Finanzminister Robert Robin sekundierte, gerade die USA hätten ein Interesse an stabilen Märkten in Lateinamerika.

IWF-Vize Fischer wandte sich energisch gegen die IWF-Kritiker, gab allerdings zu, daß die Rolle des Fonds bei Finanzkrisen kritisch überdacht werden müsse. Auch sehe er die Gefahr, daß die Kredite überfällige Reformen verlangsamten. Dies werde eines der Themen der IWF-Jahrestagung Anfang Oktober sein. Die Kritik, daß der IWF durch sein Einspringen im Krisenfall lediglich als eine Art Versicherung für Spekulanten fungiere, erwähnte Fischer nicht.

Die Schuld am völligen Entgleisen der Finanzmärkte in Asien und Rußland gibt der IWF anderen. Die Krisenländer hätten zu lange an festen Wechselkursen festgehalten, die ausländischen Investoren hätten auf der Suche nach höheren Renditen die Risiken unterschätzt, und die Aufsicht über das Finanzwesen habe versagt. Eine Verstärkung der internationalen Überwachung von Finanzmärkten sieht der IWF daher in Zukunft als seine wichtigste Aufgabe. lieb

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