: Plastikfolie soll Castor sicher machen
Bundesumweltministerin stellt Prüfbericht zu verstrahlten Atommüllbehältern vor. Neue „Vollschutzhemden“ sollen künftig über die Stahlcontainer gezogen werden, um so eine Kontamination zu verhindern ■ Von Jürgen Voges
Hannover (taz) – Mit „Vollschutzhemden“ aus Plastik glaubt Bundesumweltministerin Angela Merkel Brennelementbehälter künftig vor Außenkontaminationen bewahren zu können. Die Ministerin stellte gestern in Bonn den Abschlußbericht der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) zum Atomtransporteskandal vor, die im Auftrag von Merkel über Ursachen der Außenkontaminationen der Behälter und über technische Verbesserungsmöglichkeiten nachdenken sollte.
Für die Brennelementbehälter aus Frankreich, an denen am häufigsten und auch die höchsten Außenkontaminationen festgestellt worden sind, empfiehlt der GRS- Bericht einen „zusätzlichen Kontaminationsschutz aus Plastikgewebe für den Gesamtbehälter bzw. die Verwendung von ergänzenden Kappen für den oberen und unteren Behälterbereich“. Schon bisher wurden auch die französischen Behälter beim Beladen in den Abklingbecken der Reaktoren größtenteils mit einem Kontaminationsschutz abgedeckt – allerdings hat dies die Außenkontaminationen nicht verhindern können.
Bundesumweltministerin Merkel stellte sich gestern jedoch auf den Standpunkt, daß die von der GRS vorgeschlagenen „Maßnahmen grundsätzlich geeignet sind, zunächst Abhilfe zu schaffen“. Bevor der Transportstopp für hochradioaktive Brennelemente aufgehoben wird, will Merkel jedoch die bisher nur im Konzept vorliegenden neuen „Vollschutzhemden“ erst einmal mit einem Leerbehälter testen lassen. Langfristig drängt die Bundesumweltministerin auch auf den Einsatz anderer Brennelementbehälter, die „insgesamt dekontaminationsfreundlicher gestaltet“ sein und weniger hervorspringende Teile haben sollen. Dabei gehen Merkel und die GRS- Experten davon aus, daß die an den Behältern gemessenen Kontaminationen auf radioaktive Partikel zurückgehen, die sich im Abklingbecken an den Behälter „in Poren, Verbindungsspalten und Hohlräumen einnisten“.
Nach Auffassung des hannoverschen Castor-Experten Wolfgang Neumann von der Gruppe Ökologie haben die GRS und die Ministerin damit allerdings auf die „bequemste“ der möglichen Ursachen für die Kontaminationen zugegriffen. „Es ist äußerst zweifelhaft, daß sich alle Kontaminationen auf nur eine Ursache zurückführen lassen“, sagte Neumann der taz. Auch die GRS habe in einem Zwischenbericht noch von weiteren möglichen Ursachen gesprochen, denen man noch nachgehen müsse.
Für Neumann können die Außenkontaminationen auch auf Verschmutzungen der Behälter außerhalb der Abklingbecken oder auf die hohe Neutronenstrahlung der Behälter zurückgehen, die Bestandteile des Stahls auf dem Transport in radioaktive Stoffe umwandeln könne. In den Abklingbecken sei es auch möglich, daß radioktive Teilchen feste Verbindungen mit den Behältern eingingen.
„Arge Zweifel“ hat Neumann daran, daß die Vollschutzhemden künftige Kontaminationen tatsächlich verhindern. Nach Angaben der AKW-Betreiber würde der Mittelteil der Behälter schon jetzt beim Beladen durch solche Hemden abgedeckt, sagte der Castor-Experte. Von den Behälterenden versuche man radioaktive Partikel schon bisher durch aufgeklebte Planen und durch Silikon fernzuhalten.
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