Schleichwerbung für die CSU

■ In der wahlkampffreien Zeit verschickt der Verteidigungsausschuß nur Berichte per Hauspost. Aber vor der Wahl ticken CSU-Politiker einfach anders

Bonn (taz) – „So wählen Sie richtig! Beide Stimmen CSU.“ Derart belehrt wurde die Bundestagsabgeordnete Angelika Beer von Bündnis 90/Die Grünen an unerwarteter Stelle: in der offiziellen Post des Verteidigungsausschusses, verschickt vom Deutschen Bundestag. Auf diesem Wege, auf dem sie zu anderen Zeiten nur Ausschußunterlagen oder Berichte des Verteidigungsministeriums erhält, bekam Beer einen Wahlkampfprospekt ihres CSU- Kollegen Hans Raidel.

Der Abgeordnete lieferte in der Post noch zusätzlichen Service. „Wenn es Probleme gibt, wird ein Ansprechpartner gebraucht“, schrieb Raidel in einem freundlichen hektographierten Begleitschreiben. „Damit Sie wichtige Telefonnummern und persönliche Daten immer parat haben und Helfer schnell im Bilde sind, überreiche ich Ihnen eine Sicherheitskarte.“ Auf dieser Karte sollen die Angeschriebenen vor dem dezent grauen Hintergrund des CSU-Emblems ihre Blutgruppe eintragen und die Telefonnummer derjenigen, die in einem Notfall zu verständigen sind. „Ich hoffe, Ihnen mit dieser Karte einen Dienst zu erweisen.“ Angelika Beer zeigte sich allerdings wenig dankbar. Statt unverzüglich die Karte auszufüllen, schrieb sie dem Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses Kurt Rossmanith (CSU) einen Brief und bat um eine Begründung für die Versendung von Wahlkampfmaterialien. „Planen Sie weitere Wahlkampfverschickungen der anderen Fraktionen?“

Offenbar nicht. Karl-Dietrich Haase, der seit acht Jahren das Sekretariat des Verteidigungsausschusses leitet, zeigte sich entsetzt: „Das ist unüblich. Völlig unüblich.“ Gegenwärtig liefen „Ermittlungen“ darüber, auf welchem Wege der Prospekt in die Post gelangt sei. Erfolg kann Hans Raidel mit seiner Werbung bei Angelika Beer übrigens nicht haben: Selbst wenn sie es wollte, könnte sie weder ihn noch die CSU wählen. Sie stammt aus Schleswig-Holstein. Bettina Gaus