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Affenschloß für 5 Millionen geplant

■ Uni will Groß-Zentrum für acht Primaten-Stühle bauen / Kosten werden aus dem „Investitions-Sonder-Programm“ (ISP) zur Sanierung der Bremer Staatsfinanzen bestritten

„Der Senat hat das Parlament belogen“, so kraß bewertet der wissenschaftspolitische Sprecher der Grünen, Hermann Kuhn, die Pläne für die Affenhaltung an der Bremer Universität. Während die Mehrheit von CDU und SPD in der Bürgerschaft vor einem Jahr beschwichtigend beschlossen hatte, Tierversuche müßten „perspektivisch reduziert“ werden und seien in Bremen „auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken“, plant die Wissenschaftsbehörde jetzt einen Gebäudekomplex für 5 Millionen Mark für die Affen. Noch am 30. Juni hatte der Senat auf eine „Kleine Anfrage“ der Grünen nach den „Kosten für den Bau/Umbau und die Einrichtung der Unterkünfte“ geantwortet, die Kosten würden bei 480.000 Mark liegen. Das sind allerdings die Kosten für die „Unterbringung des Arbeitsgebietes“ der Wissenschaftler, die Grünen hatten nach den Kosten für die Unterbringung der Tiere gefragt.

Der hohe Kostenaufwand steht für Kuhn auch im Gegensatz zu der Tatsache, daß die Experimente zunächst nur für drei Jahre genehmigt sind. „Die Errichtung eines Neubaus für insgesamt 5 Millionen DM zeigt, daß von einer perspektivischen Reduzierung der Tierversuche, wie von der Bürgerschaft beschlossen, wohl nicht die Rede sein kann.“

In der Antwort auf die Fragen der Grünen hatte die Wissenschaftssenatorin im Juni offiziell bestätigt, daß es sich bei Kreiters Forschungen um „Grundlagenforschung“ handelt, Rechtfertigungsversuche im politischen Bereich hatten derweil mit Fortschritten in der Medizin argumentiert. Für Kreiter war auch immer klar, daß seine wissenschaftlichen Forschungen auf zehn oder zwanzig Jahre angelegt sind. Die Methoden der Tierexperimente sind sensibel und die Infrastruktur ist so teuer, daß nicht eine spezielle wissenschaftliche Frage die Wahl der Experiment-Anordnung bestimmt. Es ist eher umgekehrt: Der Aufwand der Apparate und der Tiere begrenzt den Rahmen, in dem der Wissenschaftler sich immer wieder neue Fragestellungen suchen muß.

Die Beschränkungen, die in der politischen Beschlußlage für die Tierversuche gezogen werden, passen schlecht zu dem Bau des ca. 500 Quadratmeter Nutzfläche umfassenden Tiertraktes. „Die Zeit der elektrolythischen Ableitungen wird auf täglich vier Stunden begrenzt“, hatte der Senat der Bürgerschaft noch im Juni erklärt, die Anzahl der Tiere, die nach der Experiment-Phase getötet und seziert werden, sollte auf jeweils zehn begrenzt werden. Vorgesehen in dem Tierversuchs-Bau sind nun aber vier „Doppelkammern“ für die Experimente. Zur Begründung heißt es in dem internen Bericht der Wissenschaftssenatorin: „Die Doppelkammern sind notwendig, da die Ableitung eines Versuchstieres (das Experiment mit den Elektroden im Gehirn, d. Red.) und die Dressur des nachfolgenden Tieres jeweils parallel laufen. Die Anzahl der Doppelkammern im Neubau ist nach Auffassung der Wissenschaftler äußerst knapp bemessen.“

In den vier „Doppelkammern“ können also acht Affen gleichzeitig konditioniert oder mit ihren Elektroden im Kopf den Experimenten unterzogen werden. Wenn dies nur vier Stunden lang am Tag für jedes Tier geplant wäre, dann wären die vier Doppelkammern bei zehn Versuchstieren kaum als „knapp bemessen“ zu bezeichnen. Hinzu kommt, daß neue Versuchstiere sehr langsam an den Umgang mit den Wissenschaftlern und an den Primantenstuhl gewöhnt werden müssen, nur ein Teil der Tiere wird jeweils „reif“ für die Experimente sein. K.W.

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