Mittel gegen Verspannungen

■ Während Alboth! aus der Schweiz Theaterdonner auffahren, bleiben Helgoland bewußt und etwas penibel

Jetzt mal Spaß beiseite. Alboth! kommen aus der Schweiz, dem kleinen Land mit hohen Bergen, niedriger Arbeitslosigkeit und dunklen Untiefen in menschlicher und geschichtlicher Hinsicht. Schnell und billig übertragen in Tonkunst ergibt das akustische Türme, tiefgründiges Brodeln und für alle viel zu tun.

Von Diederich Diederichsen einst ob ihrer akustischen Grenzerfahrungen im Jazz mit großem Lob bedacht, haben die Herren Kraut, Lieder, Pauli und Werthmüller Sport und Spaß Stück für Stück beiseite gelegt und sind jetzt ganz ins expressive Soundgeschäft umgezogen, wo Stücke Kompositionen heißen und Bewunderung Ehrfurcht. Das erschwert das Gefühl eindeutig. Denn auch wenn sie sich in kleinen Geräuschen persiflieren, ironisch oder gar humorvoll sind, ziehen Alboth! zuletzt auf Amor Fati mit ihrer von wagnerianischen Pathos durchzogenen Könner- und Kennerschaft den Vorhang auf zum Theaterdonner.

Und jetzt mal Ernst (ein wenig) beiseite. Helgoland, die freundlichen drei Herren aus dem hiesigen Underground sind mit ihrer eindringlichen Spielfreude an einem Ort angelangt, den Alboth! längst verlassen haben: bewußt, etwas penibel, aber offen und niemals pathetisch. Ihr häufiges Auftreten in letzter Zeit notorisch zu nennen, wäre eine unsachgemäße Unterstellung. Sagen wir also: Sie sind präsent. Und das mit Grund.

Mitsamt neugegründetem Label und diversen Projekten ist Hamburgs kleine, feine Grindcore-Institution auf dem Weg in die 90er. Man experimentiert mit Elektronik und verwirklicht, statt alles in einen Topf zu werfen, unterschiedlich strenge Ideen lieber nebeneinander. In diesem Verdichtungswettbewerb begegnen uns natürlich die Original-Helgoland, deren Konzerte Verspannungen beseitigen können, Schönheit im verdichteten Lärm entdecken und damit zu erhöhter Sensibiltät und einer Steigerung der Lebensqualität beitragen. Außerdem laufen sie als Support und Herausforderer stets zu besonders großer Form auf.

Holger in't Veld

So, 20. September, 21 Uhr, Molotow