: Ein Interview und seine Folgen
Einen gehörigen Skandal hat Luis Posada Carriles mit seinen Aussagen in den USA ausgelöst. Dementis hagelte es von allen Seiten. Vertreter von FBI und CIA bestritten umgehend die Aussagen des ehemaligen Agenten, daß ihre Organisationen eine schützende Hand über ihn halten würden. Sowohl das FBI als auch die CIA dementierten, in der letzten beiden Jahrzehnte Kontakt zu dem Mann, den sie ausbildeten, gehabt zu haben. Fast Gleichlautendes war aus der Zentrale der Kubanisch-Amerikanischen Nationalstiftung (CANF) in Miami zu hören. Kontakte habe es keine gegeben, und Geld von der Organisation habe Posada Carriles ohnehin nie erhalten.
Im Weißen Haus hingegen reagierte man nur indirekt, dafür aber richtungweisend auf die Aussagen Posadas. Die Küste Floridas wurde drei Tage nach Erscheinen des Times-Artikels zur Sicherheitszone erklärt, womit nun jedes Boot von und nach Kuba kontrolliert und registriert wird – der Aktionsradius militanter Exilkubaner wird somit enger. Für die exilkubanische Kongreßabgeordnete Lincoln Diaz-Balart hat die US-Regierung dem Exil damit „den Krieg erklärt“, und auch für den Sohn Mas Canosas, Jorge Mas Santos, paßt alles zusammmen: Die ganze Angelegenheit „ist ein Versuch von seiten gewisser Personen, die das Embargo liften wollen und meine Famile und die CANF angreifen wollen“.
Licht ins Dunkel der Aktivitäten der CANF und ihres bewaffneten Arms, wie sich Luis Posada Carriles selbst bezeichnete, will Charles Rangel, demokratischer Abgeordneter und bekannter Embargogegner nun bringen. Ende Juli, zwei Wochen nach Erscheinen des New York Times- Artikels, forderte er die Justizministerin Janet Reno auf, eine Untersuchung einzuleiten. Es müsse geprüft werden, ob im Rahmen der Anschlagserie vom vergangenen Jahr gegen US- amerikanisches Recht verstoßen worden sei, so Rangel. Zudem sei es nun Aufgabe der Steuerbehörde, aktiv zu werden und zu verifizieren, ob der CANF, basierend auf den Aussagen Posada Carriles, nicht ihr Stiftungscharakter und damit auch die Steuerbefreiung aberkannt werden muß.
Gegen den Vorstandsmann der CANF, José Antonio Llama, sowie gegen weitere sechs Mitbeschuldigte erhob der zuständige Staatanwalt in Puerto Rico mittlerweile Anklage. Sie sollen geplant haben, Fidel Castro während des ibero-amerikanischen Gipfels im vergangenen November umzubringen. Damit müssen sich erstmals Mitglieder der wichtigsten Exilkubanerorganisation in den USA wegen eines Mordkomplotts gegen Castro vor einem Gericht verantworten.
Die Tonbänder der New York Times mit den Interviews könnten für weitere Unruhe sorgen. Sollte sich herausstellen, daß Posada dort tieferen Einblick in die Hintergründe seiner Aktivitäten gegeben hat, könnte sich der Mythos vom Freiheitskämpfer Luis Posada Carriles ins Gegenteil verkehren: in den des Totengräbers einer Organisation, die beinahe zwanzig Jahre die Kubapolitik der USA dominierte. K.H.
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