: The Return of Kurtfelixundpaola
■ Alte Ideen, neue Gesichter: Für die familiäre Knabberversammlung moderiert nun Cherno Jobatey „Verstehen Sie Spaß?“ (20.15 Uhr, ARD)
Manchmal wäre es doch ganz schön, wenn Totgeglaubte ausnahmsweise wirklich mal tot wären. Aber nicht im deutschen Fernsehen öffentlich-rechtlicher Prägung: „Glatte Fehleinschätzung. Und wie so häufig im Leben: Totgeglaubte leben länger“, sagt der MDR-Unterhaltungschef Udo Foht voller Sprachwitz über die gute alte Samstagabendshow, für deren Reanimation er bei der ARD zuständig ist. Aber nicht nur die familiäre Knabberversammlung am Wochenende soll zombiehaft wiederkehren, auch die alten Ideen werden erweckt.
Immerhin betreibt die ARD für das große Retro-Vorhaben Nachwuchsförderung. Nach der Auferstehung von Kulis „EWG“ unter Jörg Kachelmann wird heute abend ein weiterer öffentlich- rechtlicher Moderator aus der zweiten Reihe ins vorderste Glied versetzt: ZDF-Morgenmann Cherno Jobatey wird ab heute den Schadenfreudeklassiker „Verstehen Sie Spaß?“ (SWR) moderieren. Dabei hätte aus Jobatey durchaus auch etwas Vernünftiges werden können. Nach ersten journalistischen Erfahrungen bei taz und SFB arbeitete er für den Spiegel und die Zeit. Irgendwann muß dem 33jährigen die schreibende Tätigkeit zu kopflastig geworden sein, weswegen er schon bald u.a. die gänzlich unbekannte Familiengameshow „Memory“ und (aushilfsweise) das Mainzer Boulevard-Sorgenkind „Leute heute“ moderierte. Nebenher verdiente er sich mit humorvoller Porsche-Präsentation auf der IAA etwas hinzu.
Und in der Sporthalle Böblingen begrüßt Jobatey so unverbrauchte Gesichter wie Roberto Blanco, die Flippers, Vicky Leandros und die Kelly Familiy. Die wollten wir doch schon immer mal im Fernsehen sehen. Und während Jobatey, wie er es witzig-witzig beim pflichtgemäßen Talkauftritt in „Boulevard Bio“ angekündigt hat, das Gute-Laune-Tier Blanco hautfarbebedingt mit den Worten „Hallo Papa“ begrüßt, wird ihm aus dem Halbschatten im hinteren Bühnenbereich das schweizerisch- siamesische Zwillingsehepaarmonster Kurtfelixundpaola über die Schulter lächeln. Diese beiden haben bei Harald Schmidts „Verstehen Sie Spaß?“-Einstand noch per Postkarte aus einem Gefängnis gegrüßt. Jetzt kommentieren sie wieder Scherzfilm-„Classics“.
Diese Verzweifelungstat enthüllt noch mal all den Kummer, den die ARD mit „Verstehen Sie Spaß?“ in den letzten Jahren hatte. Harald Schmidt brachte es am Ende gerade mal auf 4,8 Millionen Zuschauer, 800.000 weniger als sein Nachfolger, das junge Showtalent Dieter „Didi“ Hallervorden, der nach wenigen Folgen das Handtuch schmiß. Jetzt werden von Anfang an die Erwartungen niedrig geschraubt: fünf bis sechs Millionen Zuschauer soll der Böblinger Neustart bringen. Und vielleicht darum gibt sich denn auch Jobatay ganz schwäbisch: „Unterhaltung ist harte Arbeit.“ Stefan Kuzmany
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