piwik no script img

Ein guter Typ muß trotzdem Tore schießen

■ Aufsteiger Nürnberg spielt 1:1 gegen Meister Kaiserslautern und soll mehr arbeiten

Nürnberg (taz) – „Fußball ist ein hartes Stück Arbeit.“ Malocher Willi Reimann, Trainer des 1. FC Nürnberg, hat viele Lieblingssprüche, und die meisten davon haben etwas mit Arbeit zu tun. „Glück muß man sich hart erarbeiten“ ist auch so einer. Nun hat den Club aber das Glück verlassen. Im ersten Heimspiel gelingt dem HSV in der 87. Minute der 1:1-Ausgleich. Im zweiten Heimspiel verschießt man einen Elfmeter, trifft dreimal den Pfosten des gegnerischen Gehäuses, und am Ende heißt es im ausverkauften Frankenstadion nur 0:0 gegen Borussia Dortmund. Und jetzt glückt den roten Teufeln vom Betzenberg vier Minuten vor Schluß noch der 1:1-Ausgleich. Was also treibt der Mann, der früher der „eiserne Willi“ genannt wurde, die ganze Woche über mit seinen Spielern? Nur auf der faulen Haut liegen? Tippkickspielen?

Reimann stapelt tief. „Wir spielen gut mit, aber von heute auf morgen können wir den deutschen Meister nicht schlagen.“ Seine Aufsteiger-Truppe hätte das vor erneut ausverkauftem Haus aber ohne weiteres gekonnt. Einer, der ein ganz besonderes Verhältnis zu den Pfälzern hat, hätte ganz allein den 1. FCK zum Verlierer stempeln können: Pavel Kuka, einst Publikumsliebling am Betzenberg, dann von Otto Rehhagel aussortiert und schließlich als teuerster Transfer der Vereinsgeschichte für drei Millionen zum Club gewechselt. Kuka, der schon als Jugendlicher mit seinem älteren Bruder Petr im klapprigen Škoda vom heimatlichen Cheb nach Nürnberg ins alte Städtische Stadion zum Club gefahren ist, weiß genau, was man von ihm in Nürnberg verlangt: „Ich muß Tore schießen. Wenn ich das mache, bin ich ein guter Typ.“

Zweimal hat er es in dieser Saison schon gemacht, in der 41. Minute folgte nun gegen seinen alten Verein sein drittes Tor. Eine Flanke des wieselflinken Michael Wiesinger köpfte der tschechische Nationalspieler ins Tor von Andreas Reinke. Zwei Minuten später fällt ihm dann eine Eckballverlängerung vier Meter vor dem Tor direkt vor die Füße. Kuka schaut, zielt und trifft – aber nur die Stiefelspitze von FCK-Kapitän Martin Wagner, der auf der Linie klärt.

Hätte dann in der 63. Minute der gefühlvolle Heber von Club- Kapitän Wiesinger den Weg ins Tor statt ans Lattenkreuz gefunden, der Aufsteiger hätte den Meister geschlagen. So aber entband Otto Rehhagel Olaf Marschall von der ungeliebten und ungewohnten Spielmacherrolle und beorderte ihn dahin, wo sich der Dresdner auskennt. 86. Minute: Flanke Schjönberg, Kopfball Marschall, 1:1. „Das war verdient, wir hatten schließlich 80 Prozent der Spielanteile“, war Rehhagel zufrieden.

„Wir sind noch ungeschlagen, das ist nicht schlecht, trotzdem habe ich ein ungutes Gefühl“, resümiert dagegen Reimann. Das ungute Gefühl haben inzwischen auch die Spieler und die Fans. Die haben längst ausgerechnet, daß man mit lauter Unentschieden absteigt – und zwar ungeschlagen. „Wir müssen eben unser nächstes Heimspiel gegen 1860 München gewinnen“, hofft der Club-Coach und verspricht, welch eine Überraschung, „bis dahin hart zu arbeiten“. Bernd Siegler

1. FC Kaiserslautern: Reinke – Ramzy – Koch (46. Ballack), Schjönberg – Buck, Ratinho, Marschall, Reich, Wagner – Rische (74. Riedl), Rösler (46. Hristow)

Zuschauer: 44.600 (ausverkauft)

Tore: 1:0 Kuka (40.), 1:1 Marschall (84.)

Gelb-Rot: Wagner (89.) wg. Foulspiel

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen