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Heftige Kritik an CDU-Wahlkampfslogans

■ Staatsanwalt prüft nach Anzeige gegen Neuköllner CDU-Kandidaten Buwitt den Tatbestand der Volksverhetzung. SPD: Größte Sauerei im Wahlkampf. Grüne: Raffinierte Anti-Ausländer-Parole. Kritik auch aus

Die latent ausländerfeindlichen Wahlkampfslogans des Neuköllner CDU-Direktkandidaten Dankwart Buwitt sorgen für Aufregung. Nach einer Anzeige durch einen Neuköllner Bürger prüft nun die Staatsanwaltschaft, ob der Wortlaut des Plakates den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Die zuständige Polizeiwache hatte nach Angaben eines Polizeisprechers den Tatbestand zwar nicht nachvollziehen können, die Anzeige aber weitergeleitet. Heftige Kritik an den Slogans kam gestern nicht nur von SPD und Grünen, sondern selbst aus der CDU.

Mit riesigen Lettern ist auf den Plakaten das Wort AUSLÄNDER zu lesen – dessen Bestandteile durch den kleingedruckten Einschub eine inhaltliche Botschaft ergeben: „AUS Prinzip gegen den Mißbrauch des Asylrechts und die Wirtschaftsflucht in unsere LÄNDER.“ Jeder könne lesen, daß dieser Slogan durchaus legitim sei, glaubt Buwitt. „Und wer nicht lesen kann, sollte auch keine Anzeige erstatten dürfen.“

Laut Sascha Steuer, Sprecher der Neuköllner CDU, wollte seine Partei in diesem Wahlkampf keine blassen Plakate aufstellen, sondern inhaltlich Stellung beziehen. Dazu habe man auf wichtige Problemfelder zurückgegriffen, wie etwa auf den Mißbrauch des Asylrechts.

Doch die Machart der Plakate stößt selbst in den eigenen Reihen auf Kritik. Jochen Feilcke, CDU- Direktkandidat in Schöneberg und Kreuzberg, würde in dieser Manier auf keinen Fall plakatieren. „Man darf doch keine Bevölkerungsgruppe für die spielerische Verfremdung von Wahlplakaten mißbrauchen. Weder In- noch Ausländer.“ Dies könne laut Feilcke nicht der Sinn der Werbung sein.

Eckhardt Barthel, ausländerpolitischer Sprecher der SPD und Direktkandidat seiner Partei im Wahlkreis Kreuzberg/Schöneberg, stuft das „Ausländer-Plakat“ als die „größte Sauerei“ ein, die er in diesem Wahlkampf gesehen habe. Daher habe er volles Verständnis für die Anzeige gegen Buwitt. Barthel ist der Ansicht, daß hier auf negative Art und Weise Ausländer für den Wahlkampf instrumentalisiert werden.

Für eine besonders raffinierte Anti-Ausländer-Parole hält Ismail Kosan Buwitts Aktion. Der ausländerpolitische Sprecher der Grünen reagierte mit Empörung. Anfangs habe er das Plakat überhaupt nicht mit dem Wahlkampf in Verbindung gebracht, erst nach dem Lesen der eingefügten Botschaft habe er verstanden: „Durch den eingefügten Text wird versucht, auf konservativ-intellektuelle Weise Ausländer zu verunglimpfen.“

Das Ausländer-Plakat war eines von drei Motiven: Die beiden anderen arbeiteten mit der Wut auf das hohe Maß an Schwarzarbeit und der Angst vor der SPD: Die Botschaften lauteten: „SCHWARZ sorgt für sichere ARBEIT“ und „LINKS macht gegen den Aufschwung FRONT“.

Am Wochenende wurden die Aufsteller durch die bundesweite CDU-Kampagne ersetzt. Auch für Neukölln gilt nun in der letzten Woche des Wahlkampfs: Sicherheit statt Risiko. Andreas Leipelt

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