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„Froh, daß es vorbei ist“

■ Enttäuschung, Frustration und Selbstkritik bei Hamburgs CDU

Um zehn vor sechs war die Laune in der CDU-Zentrale am Winterhuder Leinpfad noch trotz-optimistisch: „Man wird doch nicht einen Schäferhund gegen einen Pudel tauschen“, kommentierte Mah-moud Mohtadi, CDU-Mitglied seit 1987, die Möglichkeit des Kanzlerwechsels.

Um Punkt sechs fing es draußen an zu schütten, und drinnen rief das CDU-Wahlpartyvolk gedämpft aber entsetzt A und O. Klaus Peter Hesse, Bürgerschaftsmitglied und auf dem aussichtslosen Listenplatz 10, war auf der Stelle furchtbar enttäuscht, aber auch selbstkritisch: „Es ist uns nicht gelungen, die Menschen davon zu überzeugen, daß der Wechsel eine Gefahr ist.“ Vielleicht sei er „betriebsblind“ geworden über die Mühen des Wahlkampfs, aber mit diesem katastrophalen Ergebnis habe niemand gerechnet: „Jedenfalls bin ich froh, daß es vorbei ist“, so Hesse.

Die allesamt erfolglosen Direktkandidaten der Wahlkreise ließen sich am Leinpfad bestenfalls zum Blitz-Hände und -Kopfschütteln blicken und verschwanden dann zu Fernsehterminen. Bei Weißwurst und Bier vom Faß stand man betrübt vor zwei Bildschirmen. „Wir hätten ein Kopf an Kopf-Rennen erwartet“, erklärte Nur-Mitglied Nicola Andreae. „Aber daß der Vorsprung der SPD so groß sein würde, ach das ist frustrierend.“

Daß „Enttäuschung kein gerechtes Urteil fällen kann“, schickte Landesgeschäftsführer Wulf Bro-cke seiner Trostrede dann auch vorweg, dankte Kanzler Kohl und mahnte zum Zusammenhalt. „Am Hamburger Wahlkampf hat es jedenfalls nicht gelegen, daß wir die Wahl verloren haben“, behauptete er, und: „Hinfallen ist keine Schande, aber Nichtwiederaufstehen.“

Als hätte er es schon beherzigt, verkündete auch Klaus Peter Hesse: „Für uns in der Bürgerschaft wird die Arbeit interessanter. Jetzt haben sie die Mehrheit im Bundestag, sollen sie doch ihre Politik machen. Hier in Hamburg wird die SPD jetzt keine Verantwortung mehr nach Bonn abschieben können.“ Ulrike Winkelmann

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