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Trullas aus der Unterwelt

■ Blaumeier Atelier und „Echo City“ verwandeln das Alte Pumpwerk in ein Theater

Einer sagt: „Daß ich hier mal herkomme, um Theater zu sehen, hätte ich nie gedacht.“ Bislang kannte er das „hier“ nur als Pumpwerk der Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB). Seit dem Bau eines neuen Pumpwerks gleich neben der Brücke über den Utbremer Kreisel heißt es Altes Pumpwerk. Es gilt als Industriedenkmal, soll Museum werden und ist beim besten Willen kein Ort für Theater. Doch manchmal geschehen halt Wunder. Beziehungsweise: Manchmal lassen Menschen, die Visionen haben, Wunder geschehen, und dann verwandeln sich alte Pumpwerke doch in Theater.

Wo sonst die hintere von vier riieeesigen alten Pumpen aus dem Boden guckt, ist jetzt vorne und hebt sich eine riieeesige und bestimmt sündhaft teure Miettribüne für schätzungsweise 316 bis 412 ZuschauerInnen fast bis unters Dach. Beinahe aus der Vogelperspektive schauen der Mann vom Anfang und all die anderen Leute auf das Industriedenkmal: die grau lackierten Pumpen mit ihren Turbinen, Schläüchen und Gestängeleien sowie auf eine seltsame Gerätschaft aus roten Flächen, blauen Tonnen, gelben, grünen und aluminiumhellen Röhren. Es ist das Instrumentarium der Londoner Rhythmus-, Percussion-, Urban-Beats-Gruppe „Echo City“, die auf Einladung von Blaumeier und den veranstaltenden Entsorungsbetrieben gekommen ist, um für den musikalischen Teil der Blaumeier-Maskenshow „Kanale Grande“ zu sorgen.

Am Anfang ein Betriebsunfall. Ein Grüppchen karottennäsiger Blaumänner- und frauen mit Bergmannsleuchten auf dem Kopf sucht sich wimmelnd und wuselnd einen Weg durch die Maschinen. Erst leise, dann immer lauter dröhnen und theaterdonnern die Motoren, bis glutroter Nebel aufsteigt. Das Grüppchen flieht und überläßt die Szenerie den anderen: Einer „Echo City“-Samba-Prozession zum Beispiel oder seltsamen Reitern, Seiltänzern und anderen Wesen, die kein BEB-Entsorger je im Pumpwerk gesehen hat und die jetzt aus den Kanälen der Unterwelt emporsteigen. Eine Revue spielt sich jetzt da unten ab, und die hat buchstäblich Licht- und Schattenseiten.

Dieses Spektakel hat Schwächen, und über einige Minuten werden die Gründe offenbar: Trotz einer vor allem anfangs durchdachten Lichtführung laden die großen alten Pumpen und das bunte Instrumentarium von „Echo City“ den Raum optisch derart auf, daß kleine Maskenszenen beinahe darin untergehen. Es wäre besser, aber natürlich nicht ganz fair gewesen, das „Echo City“-Bühnenbild wenigstens zeitweise hinter schwarzem Vlies zu verhüllen. Auch driften die Elemente Konzert und Masken-show phasenweise auseinander und finden die beiden laut Blaumeier seelenverwandten Gruppen nicht immer zusammen.

Aber schon wenig später taucht „Echo City“ die Halle in Brian-Eno-Atmosphären und bringt Blaumeier einen optischen Zauber in die Bude, daß sich die krittelnden Gedanken gleich wieder in Luft auflösen. Von den „Alten Tanten“ zum „Tangotänzer“, von der „Dicken Dorfmaid mit Baby“ über die „Trullas“ und „Götter“ bis hin zu den „Spinnen“ ist eine Maske eindrucksvoller und beseelter als die vorherige. Und schon geben sich hunderte von Ohren- und Augenpaaren staunend dieser Show hin und freuen sich, an einem Ort wie diesem einmal Theater zu sehen.

Christoph Köster

Bis 1. Oktober täglich um 20 Uhr im Alten Pumpwerk Findorff an der Salzburger Straße

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