Vom Bauwagenplatz ins Hotelzimmer

Wilhelmsburg: Heute früh sollen PlatzbesetzerInnen verschwunden sein  ■  Von Kai von Appen

„Einen Bauwagenplatz wollen und können wir hier nicht dulden“, lautete gestern die unmißverständliche Aussage der Wilhelmsburger Vize-Ortsamtsleiterin Annemarie Weidemann. Bis um vierzehn Uhr hatte ihre Behörde den sieben Männern und Frauen, die vorgestern ein städtisches Grundstück am Ernst-August-Kanal besetzt hatten, Zeit gegeben, das Gelände zu verlassen. Als das Räumungsultimatum ablief, erschien Weidemann prompt in Polizeibegleitung auf dem Platz, den die BauwagenbesitzerInnen „Dosengarten“ getauft hatten.

„Gehen Sie nun oder wollen Sie geräumt werden?“, lautete ihre Frage. Eine Stunde wollte die Verwaltungsfrau den BewohnerInnen der vier Wagen noch Zeit geben, ihre Gefährte zu entfernen, dann würde sie die Wohnwagen abschleppen lassen, sagte die Politikerin.

Damit schienen die Vermittlungsversuche von Rechtsanwalt Manfred Getzmann und GALierin Susanne Uhl endgültig gescheitert zu sein; die Situation drohte zu eskalieren. Denn ein Abzug innerhalb einer Stunde war mit vier Wagen und nur einem Trecker nicht möglich. „Wohin sollen wir denn?“, bohrten die Bauis, und die stellvertretende Ortsamtschefin konnte nur mit den Achseln zucken. „Hier haben wir ein Problem“, gab sie zu.

Um das zu lösen, sollte in Wilhelmsburg eine für Hamburg einzigartige harte Linie zum Zuge kommen. „Wir werden die Wagen einziehen und auf einem städtischen Platz abstellen“, kündigte Weidemann an. Bei den Bauis löste diese Drohung schieres Entsetzen aus. „Sie schicken Menschen lieber obdachlos in die Gosse, als sie hier in ihren Wagen wohnen zu lassen?“, entrüstete sich eine der Bewohnerinnen. „Wir bieten Ihnen statt dessen eine Hotelunterbringung an“, konterte die Politikerin diese Anschuldigung.

Immer wieder berief sie sich auf das geltende Bauwagengesetz, das Wohnen in den Gefährten nicht zuläßt. Zwar sieht die Koalitionsvereinbarung zwischen GAL und SPD eine Änderung vor. Umgesetzt ist sie aber noch nicht. „Wir werden darauf dringen, daß eine Novellierung in Kürze stattfindet“, so Susanne Uhl gestern.

Für die Wilhelmsburger WagenbesitzerInnen konnte Anwalt Getzmann in letzter Minute einen Kompromiß durchsetzen: Die Räumung wurde ausgesetzt, die Bauis versprachen, bis heute morgen sechs Uhr verschwunden zu sein. Das bedeutet zwar einen Aufschub, macht die Vertreibung aus Sicht der WagenbewohnerInnen aber nicht verständlicher. Für das städtische Gelände gibt es bis zum Jahr 2015 keinen Bebauungsplan. „Wir stören hier niemanden, es gibt mehr Ärger, wenn wir irgendwo an der Straße stehen“, so eine Bewohnerin.

Den Befürchtungen der Behörden im Bezirk Harburg, auf dem Grundstück könnte schnell eine große Bauwagenkolonie entsehen, widersprach die Frau. „Wir kennen uns privat und wollen gern zusammenleben. Mit Leuten, die wir nicht kennen, möchten wir gar nicht zusammenwohnen.“