■ Die Anderen: "Liberation" aus Paris schreibt zur Bundestagswahl / "La Repubblica" aus Rom meint

„Libération“ aus Paris schreibt zur Bundestagswahl: Dieser Trend nach links – begrenzt zwar, aber unbestreitbar – kann nicht ohne Konsequenzen bleiben. Es ist jedenfalls einfacher, beispielsweise Mindestlöhne auszuhandeln, wenn Sozialdemokraten miteinander reden. Genauso wurden die Pläne für einen allmählichen Abbau des Wohlfahrtsstaates auf dem gesamten Kontinent, die diskret von einer starken Arbeitgeberlobby gefördert werden, auf den Sankt-Nimmerleins- Tag verschoben. Ebenfalls die Idee, die Arbeitslosigkeit durch eine brutale Ausweitung der Flexibilität zu besiegen. Am Sonntag hat Europa seine Zukunft nicht völlig neu gestaltet. Aber es hat die Richtung geändert.

„La Repubblica“ aus Rom meint: Jetzt haben die politischen Reformer in Europa keine Entschuldigung mehr. Sie regieren Europa. Sie haben eine einmalige historische Chance, eine reformistische Antwort auf die politischen Probleme des Kontinents zu geben. Wenn sie das nicht schaffen, ist es allein ihre Schuld. Aber seien wir ehrlich: Der tiefere Grund für die zunehmenden Wahlsiege der europäischen Sozialisten ist mehr die Zurückweisung einer Politik, die Arbeitslosigkeit und soziale Ungleichheit schafft, als daß es sich um eine positive und einheitliche Antwort handelt, wie diese Übel zu bekämpfen seien. Bei den sozialistischen Siegen handelt es sich eher um eine Ablehnung als um ein politisches Projekt.