: „Laß mich doch ausreden“
■ Niemand anders könnte so klingen: Der Electro-Pop des streitbaren Duos Moloko will mit Komplexität hoch hinaus
Strahlendes Licht, hohe Berge und Schnee – die Verpackung von Molokos zweitem Langspielwerk, I Am Not A Doctor, läßt stutzen. Sieht so etwa TripHop aus? Nein, so klingt, schmeckt und glitzert Funk, Jazz und Pop, allesamt mit dem Adjektiv „cool“ oder auch „kalt“ versehen. Elektro. Schließlich kommen Roisin Murphy, die rothaarige Xanthippe, und ihr gefügiger knopfdrehender Lebenspartner Mark Brydon aus der Stahlstadt Sheffield.
taz:Ist Moloko ein Experiment?
Mark Brydon: Ein anhaltendes Experiment. Uns ist klar, daß wir Außenseiter im Geschäft sind, weil wir nirgendwo richtig reinpassen. Das macht das Leben ziemlich schwierig.
Roisin Murphy: Wir passen nicht auf Coffeetables. Oder auf den Dancefloor. Oder ins kommerzielle Radio. Wenn ein Radiomensch unsere Musik hört, denkt er sofort an abseitige Plätze, er denkt nicht eine Sekunde an Pop.
Welchen Einfluß hatte diese Tatsache auf die neue Platte?
Mark Brydon: Wir wollten es denjenigen zeigen.
Roisin Murphy: Die erste Single „Flipside“ sagt: „Boof, das ist Moloko, und niemand anders könnte so klingen.“ Das ist Freude, aber auch Abwehr – es ist so fucking schwer zu erklären. Weil unsere Musik so schwer zu erklären ist, hasse ich es, Interviews zu geben.
Mark Brydon: Laß es mich versuchen. Also die erste Platte war keine so große Überraschung, weil jeder zu der Zeit im 70ies-Funk rumgegraben hat, auf der anderen Seite aber soundtrackartige Musik der Ausweg daraus war...
Roisin Murphy: Aber das haben wir doch überhaupt nicht gemacht.
Mark Brydon: Laß mich ausreden. Ich sage ja gar nicht, daß wir das gemacht haben, aber es wurden Vergleiche gezogen. Zu dieser Zeit war es jedenfalls keine so große Überraschung, daß ein Typ mit einer Sängerin und einem Sampler zu einem solchen Ergebnis kommt. Aber das ist drei Jahre her. Inzwischen ist viel passiert.
Roisin Murphy: Was Tricky und Portishead angeht, so wurde ihnen zugesprochen, mehr intellektuelle Tiefe zu haben, weil sie keinen Pop, keinen House oder Dance-Kultur involvieren. Das hat uns frustiert. Ich glaube, wir machen Pop-Musik, die die Pop-Welt nicht versteht. Wir sind viel komplexer.
Interview: Holger in't Veld mit Kid Loco, Hooverphonic: Mo, 5. Oktober, 21 Uhr, Mojo
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