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Unterm Strich

Zwar erwartet die deutsche Kulturszene von einer rot-grünen Bundesregierung neue Impulse für die Künste, doch gleichzeitig beurteilen Intendanten, Autoren und Künstler die Absicht des künftigen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD), mit dem Verleger Michael Naumann einen nationalen Koordinator für die Kultur an den Kabinettstisch zu holen, mit durchaus gemischten Gefühlen. Das ergab sich aus einer dpa-Umfrage.

„Es ist gut, daß etwas in Bewegung gerät und daß sich Schröder jemanden für die Kultur holt“, meint der Frankfurter Ausstellungsmacher Kasper König. Naumann habe sich zu Themen wie dem Holocaust- Mahnmal oder den Berliner Museen aber eher oberflächlich geäußert. Außerdem müsse man aufpassen, daß es mit einem nationalen Kulturminister in Berlin „nicht zu einer Bevormundung kommt“. Der Maler Jörg Immendorff fordert „Mehr Kunst wagen“ und erinnert damit an Willy Brandts Slogan „Mehr Demokratie wagen“. Dafür aber müsse die neue Regierung die Besten aus Kunst und Kultur um Rat fragen.

Bernd Kauffmann, Generalbeauftragter der Kulturstadt Weimar '99, sagt in Anspielung auf Schröders Wahlkampfversprechen: „Ich hoffe, daß nicht alles anders, aber vieles besser wird.“ Einen „fruchtbaren und kritischen Dialog zwischen Machern und Intellektuellen“ erhofft sich Jürgen Flimm, Intendant des Hamburger Thalia Theaters. Nach Ansicht seines Leipziger Opernkollegen Udo Zimmermann muß der notwendige Austausch zwischen Politikern und Kulturschaffenden über inhaltliche und nicht über finanzielle Fragen geführt werden. „In diesem Sinne muß der Stellenwert der Kultur neu definiert werden.

Ulrich Eckhardt, Intendant der Berliner Festspiele, verbindet den Machtwechsel mit großen Erwartungen, fordert aber auch: „Was die SPD und die Grünen lernen müssen, ist, daß die Kultur eine gleiche Bedeutung hat wie soziale Aufgaben.“ Auch Thomas Langhoff vom Deutschen Theater in Berlin fordert, daß die SPD nun „ihre sprichwörtliche Kulturfeindlichkeit widerlegt“. Nun ja, Kultur als Standortfaktor, das dürfte auch bei der SPD angekommen sein.

Wenig verwunderlich ist Bestseller-Autor („Das Boot“) und Kunstsammler Lothar-Günther Buchheim grantig: „Es war früher nichts los, und jetzt ist wahrscheinlich auch nichts los.“ Dafür weiß Arnulf Conradi (Berlin Verlag), was er vom Ex-Verleger Naumann will: Eine kompetente Unterstützung im Kampf für die Buchpreisbindung. Und Bernd Kauffmann will Geld für die Kulturstadt Weimar, so wie der Expo-Kulturchef Tom Stromberg für sein „Faust“- Projekt mit Peter Stein. Dtv-Verleger Wolfgang Balk lobt Schröders Idee, kulturellen Sachverstand ins Kanzleramt zu holen, hält aber wenig von einem Bundeskulturministerium. Letzterem Bedenken könnte man sich anschließen.

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