: Die Krise des IWF: Chance zur Reform?
Vor der Jahrestagung von IWF und Weltbank wird die Forderung nach einer Neugestaltung des internationalen Finanzsystems immer lauter. Selbst IWF-Chef Michel Camdessus gibt das Scheitern zu ■ Aus Bonn Uwe Kerkow
„Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat auf der ganzen Linie versagt.“ Mit dieser Feststellung eröffnete Rainer Falk, Vorstandsmitglied des Vereins „Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung“ (WEED) gestern eine Pressekonferenz anläßlich der Jahrestagung von IWF und Weltbank. Falk erwartet von der Konferenz in Washington „eine spürbare Belebung der Diskussion um die Zukunft des IWF“. Die Organisation habe die Finanzkrisen in Asien, Rußland und jetzt Lateinamerika weder vorhergesagt noch verhindert und sei nun auch als Krisenmanager gescheitert.
Von der neuen deutschen Regierung fordert Falk, daß sie sich „baldmöglichst mit weitreichenden Reformvorschlägen einschaltet“. Auch Falks Kollegin Barbara Unmüßig verbindet Hoffnungen mit dem Regierungswechsel, nachdem die Bundesregierung den Schuldenerlaß für die ärmsten Länder stets blockiert hat.
Der voraussichtliche Finanzminister der SPD-Regierung, Oskar Lafontaine, beriet gestern bereits mit dem französischen Finanzminister Dominique Strauss-Kahn über eine Reform der internationalen Finanzsysteme. Der alte Finanzminister, Theo Waigel, zog es dagegen vor, gar nicht erst zur IWF- und Weltbanktagung nach Washington zu reisen – mit einer einzigartigen Begründung: Die Gedenkfeier zum zehnten Todestag von Franz Josef Strauß gehe vor. Seine Abwesenheit dort würde „zu Mißverständnissen führen“.
Die diesjährige Tagung der beiden großen Finanzinstitutionen steht ganz im Schatten der Krisen in Asien und Rußland. Selbst der IWF-Direktor Michel Camdessus hat inzwischen zugegeben, seine Organisation habe bei der Früherkennung der Finanzkrisen versagt.
Der unkontrollierte, spekulative Kapitalverkehr zählt inzwischen zu den wesentlichen Ursachen der Krisen. Dies schrieb sogar der bislang als eher neoliberal bekannte US-Wirtschaftswissenschafter Jeffrey Sachs in der ebenfalls kapitalfreundlichen Zeitschrift Economist. Sein Kollege Rüdiger Dornbusch zieht daraus die radikale Konsequenz: IWF- Chef Camdessus feuern. Er habe mit seinem Festhalten an Inflationsbekämpfung und freien Kapitalverkehr viele Menschen in die Armut getrieben.
Bessere Informationssysteme im internationalen Kapitalverkehr, die der IWF als Lösung propagiert, verschöben „lediglich den Zeitpunkt, an dem spekulative Blasen platzen“, sagte Falk. Zwar sei die Verbesserung der Bankenaufsicht in vielen Entwicklungsländern nötig, aber bei weitem nicht ausreichend. Denn die Bankenaufsicht könne die direkte Kreditaufnahme großer Industriekonzerne im Ausland nicht überwachen und auch nichts gegen einen übermäßigen spekulativen Kapitalzufluß aus dem Ausland tun.
WEED schlägt deshalb ein Bündel von Maßnahmen vor: Die bisherigen Umschuldungsmöglichkeiten müssen durch einen internationalen Insolvenzmechanismus ergänzt werden, der es einem Land ermöglicht, seine Zahlungsunfähigkeit zu erklären. Eine Steuer auf internationale Kapitaltransfers, die sogenannte Tobin-Steuer, soll Devisenspekulationen unattraktiver machen. Drittens sei „eine Rückkehr zu einem rationalen Umgang mit Kapitalverkehrskontrollen dringend nötig“. Das Beispiel Chile zeige, daß eine solche Politik durchaus Erfolg haben könne.
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