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Brasilien stimmt erneut für Cardoso

Dem alten und neuen Präsidenten winkt nach seiner Wiederwahl der Lohn in Form eines Milliardenpakets des IWF  ■ Von Knut Henkel

Berlin (taz) – Gleich im ersten Wahlgang hat es Präsident Fernando Henrique Cardoso geschafft. Ersten Ergebnissen der Obersten Wahlbehörde (TSE) zufolge kommt der 67jährige Soziologe auf 50,2 Prozent der Stimmen, während sein hartnäckigster Verfolger, Luis Ignacio „Lula“ da Silva von der Arbeiterpartei (PT), mit 35,1 Prozent der Stimmen weit zurückliegt. Laut einem TSE-Sprecher beruhen die ersten Hochrechnungen auf der Auszählung der Stimmen aus den Großstädten, wo Cardoso lange nicht so beliebt wie auf dem Lande ist.

Daß Cardoso die Wahl bereits in den Städten gewinnen konnte, liegt daran, daß Brasilien in den vergangenen Monaten in eine alarmierende Finanz- und Wirtschaftskrise geschlittert ist. Deren Lösung traut die Mehrheit der Wähler jedoch nur dem „obersten Reformer“ Cardoso zu, dem 1994 mit seinem „Plano Real“ das Künststück gelang, die Hyperinflation von 3.000 Prozentpunkten auf deren zwei zu senken. Auf der Welle dieses Erfolges schwebte Cardoso 1994 in den Präsidentenpalast. Auch seine Wiederwahl hat er dem „Plano Real“ zu verdanken. Zu Unrecht, meint nicht nur „Lula“, sondern auch der international renommierte Wirtschaftswissenschaftler Rüdiger Dornbusch vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Cardoso habe in den letzten vier Jahren notwendige Strukturreformen nicht auf den Weg gebracht und werde nun noch mit einem 30-Milliarden-Dollar- Hilfspaket von IWF und Privatbanken belohnt, kritisiert Dornbusch sowohl den Präsidenten als auch die internationalen Finanzinstitute.

Deren Unterstützung für Cardoso wie die der Landeseliten macht „Lula“ denn auch dafür verantwortlich, daß er den Umfragen zufolge nahezu chancenlos in die Wahl gehen mußte. Dabei sei die Währungsstabilität teuer erkauft worden. Allein die Binnenverschuldung des Landes habe sich unter der Ägide Cardosos auf 273 Milliarden US-Dollar verfünffacht, das Defizit im laufenden Haushalt sei auf 7 Prozent angewachsen, und die von Cardoso angekündigten Strukturreformen seien nicht vom Fleck gekommen.

Doch die Analysen von „Lula“ waren in Brasilien nicht gefragt. Für die Eliten aus Industrie und Landwirtschaft ist der ehemalige Gewerkschaftsführer ohnehin ein rotes Tuch, und die Mittelschicht würde ihm, der keinen universitären Abschluß vorweisen kann, nicht die Geschicke des Landes anvertrauen. „Lula“ hätte demnach im großen Stil bei den Arbeitern und bei der Landbevölkerung Stimmen gewinnen müssen, um den übermächtigen Cardoso vom Thron zu stoßen, doch genau bei dieser Klientel hat er nicht im erforderlichen Umfang zulegen können. Zum einen ist der „Plano Real“, der vier Jahre lang die Währung und damit die Lebensmittelpreise stabil hielt, gerade in diesen Bevölkerungsschichten besonders populär, zum anderen gelang es der Arbeiterpartei nicht, genügend Wähler zu erreichen. Gegenüber der gut geölten Wahlmaschine Cardosos, die sich die teuersten PR-Experten und die besten Marketing-Agenturen leisten konnte, zog die PT den kürzeren, zumal der wichtigste Fernsehsender des Landes, TV O Globo, ohnehin nicht gerade als Cardoso-kritisch bekannt ist.

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