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Indonesiens Opposition dreht auf

Megawati Sukarnoputri, die Tochter von Staatsgründer Sukarno, mobilisiert Hunderttausende ihrer AnhängerInnen, um nach der Macht von Präsident Habibie zu greifen. Doch der wird weiter vom Militär gestützt  ■ Von Jutta Lietsch

Bangkok (taz) – Indonesiens Insel Bali war gestern in Rot gehüllt, als sich Hunderttausende Menschen zum Parteikongreß der Oppositionspolitikerin Megawati Sukarnoputri zusammenfanden: An Straßen, Geschäften und Wohnhäusern wehten die roten Parteifahnen ihrer „Demokratischen Partei Indonesiens“ (PDI). Viele ihrer AnhängerInnen hatten rote Kleider angezogen. In ihrer größten Kundgebung seit dem Sturz des langjährigen Diktators Suharto im Mai versprach Megawati, sich entschlossen gegen Korruption einzusetzen.

„Wenn das Volk uns in die Regierung wählt“, rief die Politikerin auf dem Versammlungsplatz außerhalb des Badeorts Sanur, „werden wir den Mut haben, uns für die Interessen der einfachen Menschen einzusetzen!“ In ihrer einstündigen Rede unter glühender Sonne beklagte sie vor allem die schwere Wirtschaftskrise, die Millionen Indonesier seit dem vergangenen Jahr in tiefes Elend gestürzt hat. Megawati, Tochter des bei vielen Indonesiern noch immer populären Staatsgründers Sukarno, gilt als eine der aussichtsreichsten KandidatInnen für die Präsidentschaftswahlen 1999. Es wird erwartet, daß der dreitägige Kongreß sie nominiert.

Die neue Regierung unter Präsident Bacharuddin Jusuf Habibie erkennt die populäre Megawati allerdings nicht als Führerin der PDI an. Denn 1996 war sie bei einem von Suhartos Militärs manipulierten Parteitag gestürzt worden – was zu schweren Unruhen in Jakarta führte, als Kampfeinheiten der Polizei ihre Anhänger brutal aus dem Parteihauptquartier vertrieben. Der offiziell anerkannte Parteiflügel erlitt daraufhin bei den letzten Wahlen eine schwere Niederlage. In den vergangenen Tagen hatte die Regierung versucht, das Treffen des Megawati- Flügels zu verhindern – bis sie offenbar erkannte, daß ein Verbot der populären Politikerin nur noch weitere Sympathien verschafft hätte.

Zwar war Megawati in den turbulenten Wochen dieses Frühjahrs, als Studentenproteste und schwere Unruhen Suharto nach 32jähriger Herrschaft zum Rücktritt zwangen, wenig in Erscheinung getreten. Doch offenbar hat ihre Popularität darunter nicht gelitten – im Gegenteil: Sie gilt bei vielen Indonesiern als mütterliche und versöhnliche Person, die regionale und ethnische Grenzen überwindet. Wie wenige andere Politiker in Indonesien hat sie Anhänger sowohl in der hinduistischen Enklave Bali als auch zum Beispiel in traditionell muslimischen Regionen Javas. Geschätzt wird sie auch von der chinesischen Minderheit, die eine politische Islamisierung des Landes fürchtet.

Nachdem es bis Mai nur drei offiziell zugelassene politische Gruppierungen gab, sind mittlerweile über 80 Parteien entstanden. Die meisten sind kleine Gruppen, die sich um einzelne charismatische und ehrgeizige Personen scharen. Andere orientieren sich entlang ethnischer Linien. So gibt es zahlreiche muslimische Parteien, aber auch Organisationen chinesischer Kaufleute oder Intellektueller. Zu den chancenreichsten Politikern gehört der frühere Chef der muslimischen Religionsgemeinschaft Muhammadiya, Amien Rais. Seine Nationale Mandatspartei (PAN) hat großen Zulauf unter jungen Städtern und Muslimen, die einen stärkeren Einfluß des Islam in der Politik anstreben. Er zählte zu den aktivsten und mutigsten Oppositionspolitikern in den Wochen vor Suhartos Rücktritt und gilt als wichtigster Rivale Megawatis bei künftigen Wahlen.

Der bislang stärksten Partei im Parlament, der „Golkar-Bewegung“, werden nur wenige Chancen eingeräumt. Unter Suharto war sie sein Machtinstrument bis in die kleinsten Dörfer und verquickt mit der als korrupt verschrienen Verwaltung. Ihre Funktionäre sind oft völlig diskreditiert. In zahlreichen Regionen haben die Bewohner sie voller Wut vertrieben. Viele Rathäuser stehen faktisch leer. Präsident Habibie, der sich auf die Golkar stützt, hat bereits angedeutet, er wolle bei den nächsten Wahlen kandidieren. Doch angesichts der dramatischen wirtschaftlichen Lage sind seine Aussichten miserabel. Doch noch stützt ihn das mächtige Militär.

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