: Verschlüsselungssysteme in Gefahr
Noch bevor die ersten funktionstüchtigen Prototypen eines Quantencomputers überhaupt gebaut waren, sorgte die in Aussicht gestellte enorme Leistungsfähigkeit des neuen Rechnerkonzeptes bereits für Furore. Nachdem der beim US-Telefonkonzern AT & T beschäftigte Mathematiker Peter Shor 1994 sein Rechnerprogramm für Quantencomputer vorstellte, befürchteten die für die Codierung von sensiblen Daten zuständigen Experten, daß ihre Verschlüssungssysteme, die sogenannten Kryptographieverfahren, problemlos zu knacken sind.
Das Prinzip der meisten Verschlüsselungssysteme, wie zum Beispiel auch das nach seinen Erfindern (Ronald Rivest, Adi Shamir und Leonhard Adleman) benannte weitverbreitete RSA-Verfahren, basiert auf Primfaktoren. Es ist fast unmöglich, große Zahlen in Faktoren zu zerlegen, die nicht mehr teilbar sind, die Primfaktoren. Wer mit dem RSA-Verfahren verschlüsselte Nachrichten empfangen will, wählt lediglich zwei natürliche Zahlen, die nur noch durch eins oder sich selbst teilbar sind (Primzahlen). Das Produkt aus diesen Zahlen kann ohne weiteres veröffentlicht werden, lediglich die beiden Primfaktoren dürfen nicht in unbefugte Hände fallen. Eine mit dem Produkt verschlüsselte Nachricht kann nur entziffert werden, wenn auch die beiden Primzahlen bekannt sind.
Wenn die Primzahlen aus mehr als 150 Ziffern bestehen, kann der Code selbst mit einem Hochleistungsrechner nicht geknackt werden. Ein moderner Computer würde mehr als zweitausend Jahre benötigen, rechneten Experten aus. Mit Shors Programm und – wenn es ihn jemals geben sollte – einem brauchbaren Quantencomputer wäre das Verschlüsselungssystem hingegen in wenigen Sekunden zu knacken.
Die größte Zahl, die bisher faktorisiert wurde, hatte 129 Ziffern. Die Zahl hatte ein Mathematiker in der Zeitschrift Scientific American veröffentlicht und jedem, der den Code entziffern konnte, hundert Dollar zur Belohnung angeboten. Siebzehn Jahre dauerte es, bis seine Nachricht entschlüsselt werden konnte. Über sechshundert Computer, die über das Internet miteinander verbunden waren und jeweils Teilaufgaben übernommen hatten, benötigten rund acht Monate, um die Nachricht zu entschlüsseln. wlf
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