■ Bitte!: Nett ist es nur im Bett?
Danke, Helmut Kohl! sagte die taz in einer Serie vor der Wahl. Jetzt kommt Rot-Grün, und wir lassen prominente und andere kompetente Menschen „Bitte!“ sagen. Was ist Ihr dringendster Wunsch an Rot-Grün? Warum halten Sie ihn für realistisch?
Helft uns aus den Betten, Ihr rot-grünen Koalitionäre. Ihr müßt die Bedingungen in diesem Land schaffen, daß auch wir, die sogenannten behinderten Menschen, wie alle anderen unsere Wohnung verlassen können.
Hallo, SozialpolitikerInnen Ottmar Schreiner, Andrea Fischer und Rudolf Dreßler, natürlich wollen auch wir an die Sonne. Wie Ihr müssen wir einkaufen und alltägliche Besorgungen hinter uns bringen. Ohne persönliche Assistenten, ohne die aktive Beseitigung der Behinderungen, die sich uns alltäglich in den Weg stellen, ist dies nicht möglich. Daher ist es nötig, ein Menschenrecht auf Assisstenz und Mobilität in die Verfassung zu schreiben – und es durch ein Antidiskriminierungsgesetz zu ergänzen. Erst die präzise gesetzliche Ausführung macht abstraktes Recht für uns Betroffene einklagbar – weil sie Behördenpflicht wird. Das wäre teuer, keine Frage. Aber es würde gleichzeitig viele Arbeitsplätze im Sozialwesen schaffen.
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würden wir mit der Gleichstellung mehr verlangen, als es einzelnen in einer demokratischen Gesellschaft zusteht. Tatsächlich ist es so, daß nur besondere Anstrengungen unsere Teilhabe am öffentlichen Leben gewährleisten. Echten gegenseitigen Respekt wird es erst geben, wenn die Barrieren in der Umwelt wie im Denken der Menschen verschwinden.
Ein in der Verfassung verankertes Antidiskriminierungsgesetz wäre dafür das richtige Signal. Es würde eine Öffentlichkeit wachrütteln, die sich längst daran gewöhnt hat, daß wir nicht sichtbar sind. Wir wollen aber, daß das Leben mit Behinderungen alltäglich, akzeptiert, ja: ganz normal ist. Ralph Loell
Ralph Loell ist bei der Interessenvertretung Selbstbestimmt leben Foto: Wolfgang Borrs
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