: Technisiertes Hausboot
Das Forschungsschiff „Komet“ geht in Rente. Die Besatzung darf nur noch darauf wohnen, bis das neue Modell fertig ist ■ Von Eberhard Spohd
„Von außen sieht es noch ganz gut aus.“ Hartmut Klüger vom Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie (BSH) weiß, wer schuld daran ist, daß die „Komet“ gestern dennoch zum letzten Mal von den Hamburger Landungsbrücken ablegte: „Es gibt neue Verordnungen in puncto Unterbringung der Besatzung, Umweltverträglichkeit und so weiter. Da war es billiger, gleich ein neues Schiff zu bauen.“
Also lief Deutschlands ältestes Vermessungs- und Forschungsboot zur letzten Vermessungsfahrt aus – nach 29 Dienstjahren und 566.500 Seemeilen, also einer guten Million Kilometer. Am 24. Januar 1969 wurde die „Komet“ getauft von Erna-Maria Leber, der Ehefrau des Bundesministers für Verkehr, Georg Leber; am 26. August desselben Jahres wurde das Schiff in Dienst gestellt.
Berend Bollenhagen war schon bei der Jungfernfahrt dabei. Ein bißchen wehmütig, aber auch ein wenig erschrocken über die plötzliche Popularität seines Schiffes war das älteste Besatzungsmitglied gestern schon. „Niemand kennt die „Komet“ so gut wie ich“, erklärte er mit einer Mischung aus Stolz und Verwunderung über die mediale Präsenz.
Ähnlich fühlte sich auch der Kapitän und Vermessungsingenieur Hans-Joachim Dubberke: „Traurig bin ich schon ein bißchen, aber wenn man etwas Neues bekommt, ist das noch besser.“ Schließlich soll er bald Kapitän der neuen „Komet“ werden, die derzeit in Rendsburg gebaut wird.
Das alte Vermessungsschiff widmete sich in den vergangenen 29 Jahren hauptsächlich bathymetrischen Aufgaben. Anders gesagt: Es bestimmte die Wassertiefe. „Das ist ganz wichtig für die Navigation und die Sicherheit der Seewege“, erklärte Klüger der Presse. Schließlich handele es sich bei der Nordsee um ein dicht befahrenes Flachwassergebiet mit instabiler Bodentopographie. „Da ändert sich ständig was.“ Darum müssen im Auftrag des BSH jährlich etwa 40.000 Kilometer Lotlinien abgefahren, nachgemessen und in aktualisierte Seekarten eingetragen werden.
Allerdings nun nicht mehr von der „Komet“. Im April 1972 wurde sie den Teilnehmern der 10. Hydrographischen Konferenz noch als besonders modernes Schiff vorgestellt; heute dient sie nur noch als Wohnschiff für die Besatzung ihrer Nachfolgerin, bevor sie in ein schwedisches Museum umzieht.
Allein Malte Grevesen freute sich gestern ungeteilt darüber, daß das Schiff bis über die Toppen geflaggt war, das Polizeiorchester Hamburg forsch drauflosspielte und die Fahrt von Fontänen sprühenden Feuerwehrbooten begleitet wurde. Der letzte Arbeitstag der „Komet“ war gleichzeitig sein erster: Grevesen begann eine Ausbildung als Schiffsmechaniker. „Und wenn man gleich mit Pauken und Trompeten begrüßt wird, ist das schon eine tolle Sache.“
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