: Sinnvolle Freizeitmöglichkeiten statt moralisch erhobener Zeigefinger
Die ersten Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule (RAA) entstanden Anfang der achtziger Jahre in Nordrhein- Westfalen. Während es in den alten Bundesländern in erster Linie darum geht, Bürger ausländischer Herkunft zu integrieren, liegt der Schwerpunkt in den neuen Bundesländern auf interkultureller Aufklärungs- und Jugendarbeit. Nachdem 1991 in Ostberlin ein RAA-Büro eingerichtet wurde, entstand ein Jahr später unter Leitung der ehemaligen Alternative-Liste-Politikerin Hilde Schramm die erste RAA in Brandenburg. Ein dreijähriger Bund-Länder-Versuch folgte ab 1993. Heute gibt es neun weitere Niederlassungen in Brandenburg und außerdem in Hoyerswerda, Leipzig, Schwerin und Rostock. Jede RAA verfügt über ein Basisteam aus zwei Sozialarbeitern und zwei Lehrern.
Anfangs sollte die soziale Isolation von Kriegsflüchtlingen und Asylbewerbern durchbrochen werden, dann begannen die Projektwochen gegen Ausgrenzung und Jugendgewalt. Hauptansatzpunkt der derzeit etwa 65 angestellten Mitarbeiter und zusätzlichen Honorarkräfte in Brandenburg ist die Auseinandersetzung mit rechten oder rechtsorientierten Jugendlichen. Statt mit dem erhobenen moralischen Zeigefinger zu kommen, versuchen die Arbeitsstellen, Freizeitangebote zu machen, Ressentiments gegenüber Fremden abzubauen. Mit einem jährlichen Etat von fünf Millionen Mark von Bund, Land, und EU, aus Stiftungen und Spenden wird in Brandenburg ein breitgefächertes Angebot gemacht: So diskutierten Auszubildende mit Gewerkschaftern aus Großbritannien über EU-Freizügigkeit und Aggressivität gegenüber ausländischen Bauarbeitern, sechs junge Amerikaner und eine Neuseeländerin lebten einen Monat lang in zwei Dörfern in Brandenburg und vermittelten den Jugendlichen ihre Heimatkultur. Angeboten werden auch deutsch-polnische Begegnungswochen, Fußballspiele zwischen rechts- und linksorientierten Jugendlichen, Theaterworkshops, Trommelkurse mit Afrikanern und Treffen mit Zeitzeugen des Nationalsozialismus.
Das wohl einmalige Sprachprojekt „Spotkanie heißt Begegnung – ich lerne Deine Sprache“ an Grundschulen längs der deutsch-polnischen Grenze wurde kürzlich von der Brandenburgischen Sozialministerin Regine Hildebrandt (SPD) bei dem Wettbewerb „Vielfalt statt Einfalt“ ausgezeichnet. wahn
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