Analyse: Grünes Licht für Nato
■ Trotz Bedenken öffnen Rumänien, Bulgarien und Ungarn ihre Lufträume
Die Nato sichert sich Rückzugswege im Hinterland: Sie hat Ungarn, Rumänien und Bulgarien gebeten, im Falle einer Militärintervention im Kosovo ihre Lufträume für Nato- Flugzeuge zu öffnen. Die drei Nachbarn Serbiens haben mit der Antwort nicht gezögert. Am Wochenende gaben Exekutivgremien Rumäniens und Bulgariens ihr Einverständnis. Auch eine formale Zusage Ungarns ist nur noch eine Frage von Tagen. Die Eile überrascht nicht. Ungarn wird demnächst in die Nato aufgenommen und beherbergt im Südwesten bereits eine bedeutende amerikanische Militärbasis. Rumänien und Bulgarien bemühen sich um eine Nato-Mitgliedschaft in einer möglichen zweiten Erweiterung.
Doch zugleich können die schnellen Zusagen der drei Länder nicht darüber hinwegtäuschen, daß sie dem Ersuchen der Nato nur mit vielen Bedenken und Bedingungen entsprochen haben. Zunächst einmal muß die Freigabe des Luftraums für Nato-Flugzeuge noch von den jeweiligen Parlamenten genehmigt werden. Das gilt nur in Ungarn als sicher. In Rumänien und in Bulgarien hat sich die exkommunistische und nationalistische Opposition gegen eine Freigabe des Luftraums für Nato-Flugzeuge ausgesprochen und könnte ein abschlägiges Parlamentsvotum herbeiführen. Auch haben alle drei Länder eine Freigabe ihres Luftraums eng konditioniert. Ungarn fordert von der Nato eindeutige Sicherheitsgarantien für den Fall, daß Serbien auf seinem Territorium militärisch zurückschlägt. Rumänien und Bulgarien wollen ihren Luftraum nur in „unvorhergesehenen und Notfällen“ (Rumänien) bzw. für „humanitäre und logistische Aktionen“ (Bulgarien) freigeben.
Hintergrund dieser Entscheidungen ist die Weigerung aller drei Länder, sich direkt an UNO- oder Nato-Militäraktionen im Kosovo zu beteiligen. Schon während des Bosnien- Krieges haben serbisches und kroatisches Militär ungarisches Territorium verletzt. Ungarn nimmt außerdem Rücksicht auf die ungarische Minderheit in der serbischen Wojwodina. Ministerpräsident Orban hat Belgrad aufgefordert, keine ungarischen Rekruten in den Kosovo zu schicken. Auch Rumänien und Bulgarien wollen ihre Minderheiten in Serbien schützen. Rumänien sieht darüber hinaus seine guten Beziehungen zu Serbien bedroht. Bulgarien pflegt umgekehrt ohnehin keine engen Beziehungen zu Serbien und befindet sich außerdem in unmittelbarer Nachbarschaft zum Kosovo. Auch im Hinblick auf Flüchtlinge haben Ungarn, Rumänien und Bulgarien stets eine diplomatische Lösung im Kosovo-Konflikt verlangt. In Rumänien und Bulgarien sind bislang nur einzelne Fälle von geflüchteten serbischen Staatsbürgern bekanntgeworden. Ungarns Lager für Flüchtlinge aus dem Kosovo sind bereits restlos überfüllt. Keno Verseck
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