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Der „flotte Hansi“ hält sich für unschuldig

■ Telefonsex vom Dienstapparat: Verhandlungsbeginn gegen früheren CSU-Abgeordneten Wallner

München (dpa) – Der frühere CSU-Landtagsabgeordnete Hans Wallner, von Parteifreunden „der flotte Hansi“ genannt, erschien blaß und wortkarg zum ersten Verhandlungstag im Münchner Amtsgericht. Die Staatsanwaltschaft hatte dafür um so mehr zu sagen: Der 48jährige Niederbayer soll von seinem Dienstapparat im Landtag aus Sex-Hotlines für fast 27.000 Mark angerufen haben – auf Kosten der Steuerzahler. Länger als eine Stunde lang listete Staatsanwalt Stefan Anter minutiös alle 405 Sex-Telefonate auf, die zwischen dem 23. Januar und 17. April 1997 auf Wallners Abgeordnetenapparat aufgelaufen waren: Bis zu zwei Dutzend Anrufe am Tag, bis zu 13 Stunden am Stück. Nach 59 Minuten oder 1.180 Einheiten für insgesamt 141,60 Mark schaltet die Telekom automatisch ab. Der nächste Anruf folgte laut Computerliste meist stante pede.

Wallner habe dem Landtag nicht pflichtgemäß mitgeteilt, daß die Gespräche „privaten Charakter“ hatten, sagte der Staatsanwalt. Der CSU-Abgeordnete habe sich deshalb in 405 Fällen des Betrugs schuldig gemacht. Die Parlamentsverwaltung zahlte zunächst klaglos – sie kommt für alle Telefonate auf, die mit dem Mandat zusammenhängen.

Wallner hatte im Februar einen Strafbefehl erhalten: neun Monate Haft auf Bewährung plus eine Geldstrafe von 26.000 Mark zur Wiedergutmachung der Schadens. Er legte Einspruch ein und erzwang damit die jetzt angelaufene Verhandlung

Im Münchener Prozeß will Wallner nun mit einem neuen Gutachten seine Unschuld beweisen. Die Verteidigung will durch das Landeskriminalamt nachweisen lassen, daß die schlüpfrige Nummernliste „durch Zugriff von außen“ zustande gekommen ist, Wallner also das Opfer krimineller Computer-Hacker wurde. Denkbar sei etwa der Einsatz eines Wählcomputers oder auch ein „unberechtigter Fernwartungszugriff“, sagte Anwalt Sascha Prosotowitz.

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