■ Zur Einkehr: In der „Galerie“
„Aaauuuaah“!! Der erste Eindruck von der „Galerie“ war nicht so gut. Hatte sich doch die tonnenschwere Bedienung als Abstellfläche für ihren stöckelschuhumkränzten monströsen Käsefuß den Platz ausgesucht, den ich zuvor bereits mit meinem grazilen Fünfzehgebilde okkupiert hatte. Auch deshalb eine unverständliche Standortwahl seitens dieser Person, als daß die „Galerie“ sich wahrlich nicht durch beengte Verhältnisse auszeichnet. Im Gegenteil. Je nach Sitzplatz, kann in dem verschachtelten Etablissement der Versuch, ohne Stadtplan die schmucke Toilette aufzusuchen (Männer: Die Tür mit dem Bauerntrampelschuhschild ist euer Reich!), in einer Odyssee im Kloraum enden.
Wer klug ist, bestellt noch vor der Positionierung der hämorrhoidalen Gefahrenzone Speis' und Trank. Wer hingegen doof oder das erste Mal in der „Galerie“ zu Gast ist, muß zwei harte Geduldsprüfungen über sich ergehen lassen. Allein während der Lektüre der bocadillos-, pizzen-, tortillas-, tapas- und tausend-weitere-Sachas-lastigen Speisekarte könnte eine Frau ihren Monatszyklus problemlos mehrmals durchlaufen. Und in der Zeit, in der man dann aufs Essen wartet, hat so mancher Bummelstudent ohne weiteres seine Promotion abschließen können.
Merke: Wer Zucchini gleich dreimal hintereinander Zuccini und damit falsch schreibt, der weiß auch sonst nichts richtiges mit diesem Gemüse anzufangen. Also wählten wir ein zucchinifreies, mit allerlei Zip und Zap belegtes Fladenbrot und eine Tortilla aus Tomaten, Schafskäse und Champignons. Die Konsistenz des unteren Teils des dick mit Tomatenmark bestrichenen Fladenbrotes glich einem chemophysikalischen Wunder. Obwohl jeder Krümmel dieses Backwerks zweifellos mindestens 25.000 Liter Flüssigkeit eingelagert hatte, zerfiel es entgegen den üblicherweise geltenden Naturgesetzen nicht zu Brei, sondern konnte die Illusion aufrecht erhalten, es handele sich um ein Stück festes Brot.
Die Tortilla hingegen – war sie dem Koch vielleicht vom Teller gerutscht? – hatte sich im Serviergefäß vertan und war zu unserer Überraschung in einer Auflaufform heimisch geworden. Dort fanden wir zwar wie bestellt eine appetitliche Ansammlung von Tomaten und frischen Champignons, blickdicht begraben unter einer Käse-Ei-Mischung. Allein: Mit einer Tortilla hatte dieses kartoffelfreie Rührei mit Einlage weder optisch noch geschmacklich viel gemein. – Wir kommen trotzdem wieder. Vielleicht sind ja diese Zuccinigerichte besser, als die Schreibweise nahelegt. Holden Caulfield
Schwachhauser Heerstraße 280
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen