■ Press-Schlag: Doping im Körper, Leiche im Keller
Es kommt nicht oft vor, daß Spitzensportler offensiv Dopingpraktiken anprangern. Insofern ist der Vorstoß von Chris-Carol Bremer, dem Aktivensprecher der deutschen Schwimmer, und seinem Kollegen Mark Warnecke durchaus bemerkenswert: Systematisch und flächendeckend werde im nationalen und internationalen Sport Medikamentenmißbrauch betrieben, kontrolliert von Ärzten und Labors.
Das Augenmerk gilt dabei weniger dem Doping im klassischen Sinn, die Schwimmer warnen vielmehr vor der massenhaften legalen und scheinlegalen Zufuhr leistungsfördernder Mittel. Neben der Verwendung umstrittener erlaubter Produkte wie Kreatin oder (in den USA) Andro, geht es dabei vor allem darum, verbotene Mittel so dosiert anzuwenden, daß sie nicht nachweisbar sind. Die Kunst ist, die Doping-Grenzwerte, etwa für Testosteron oder EPO, nicht zu überschreiten, aber möglichst nahe an sie heranzukommen. Nach Auffassung von Bremer gibt es nur wenige Sportlerinnen und Sportler, die der Versuchung widerstehen, alles zu spritzen und zu schlucken, was gerade noch geht. Dafür, daß letzteres funktioniert, sorgen Mediziner. Bezeichnend in diesem Zusammenhang die Asthma-Epidemie von Perth. Da das verbotene Mittel Salbutamol bei entsprechender Indikation eingenommen werden darf, legten bei der Schwimm-WM das gesamte britische und das halbe deutsche Team Asthma-Atteste vor.
„Die, die auffallen, sind Pannen“, stellt Bremer klar. Leute, die unerwartet kontrolliert werden wie Schwimm-Olympiasiegerin Michelle Smith, die hektisch versuchte, ihre Urinprobe mit Alkohol zu panschen, oder Ben Johnson, der nach einer Verletzung panisch dopte, weil er für Olympia fit werden wollte. Ähnlich könnte der Fall Pippig liegen.
„Wer jetzt die Augen verschließt, der hat wirklich ein Leiche im Keller“, mahnt Bremer. Der Fall Griffith- Joyner zeigt, daß dies keineswegs nur allegorisch gemeint sein muß. Matti
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