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■ Mit dem Atomausstieg auf du und duDie Lichter bleiben an

Berlin (taz) – Die Zukunft der Stromwirtschaft nach einem Atomausstieg malen die Energieversorger in Deutschland gern tiefschwarz. Neben der Gefahr, ihre milliardenschweren Atomanlagen zu verlieren, sehen die Stromkonzerne auch die Versorgungssicherheit bedroht. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) nennt als Konsequenz des Ausstiegs den Verlust von „Tausenden Arbeitsplätzen“. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sieht konkret „38.000 hochqualifizerte Arbeitsplätze“ wegfallen. Und immer wieder droht die Atomwirtschaft mit höheren CO2-Emissionen: 150 Millionen Tonnen Kohlendioxid würden die Ersatzkraftwerke in die Luft blasen.

Die Lichter in Deutschland werden indes durch den Ausstieg nicht ausgehen. Denn wie in fast allen Nachbarstaaten gibt es hier nicht zuwenig, sondern zuviel Strom. Auf 20 bis 30 Prozent kalkulieren Experten die Überkapazitäten. „Einer benötigten Spitzenlast von etwa 80 Gigawatt stehen 110 Gigawatt installierter Leistung gegenüber“, sagt Lutz Mez von der Forschungsstelle für Umweltpolitik an der Freien Universität Berlin. Die AKW machen nur 20 Gigawatt davon aus.

Aber, betont der BDI, durch Dauerbetrieb liefern sie die Hälfte der Grundversorgung. In diesem Bereich gebe es daher „keine Überkapazitäten“, weder „ältere Öl- und Gaskraftwerke noch Ökostrom“ könnten die Atomkraft ersetzen. Dem widerspricht Mez: Relativ kurzfristig sei durch moderne Kohle- und hocheffektive Gaskraftwerke Ersatz zu schaffen.

Die Überkapazitäten sind ein Erbe aus der Monopolzeit der Stromversorger, als jeder selbst Anlagen für die Spitzenlasten baute, um unabhängig von den Konkurrenten zu bleiben. Inzwischen ist der Strommarkt aber innerhalb der EU soweit liberalisiert, daß zusätzlicher Strom in Deutschland, wenn zu Spitzenzeiten nötig, aus den Nachbarländern kommen könnte, die alle ebenfalls Überkapazitäten haben. Dem Arbeitsplatzargument halten die Umweltverbände entgegen, daß eine andere Energiepolitik mit Konzentration auf Energiesparen, Kraft-Wärme-Kopplung und regenerative Energien wesentlich mehr Jobs bringe als die kapitalintensive Atomkraft. Zudem gehen sie davon aus, daß der Ausstieg einen „Innovationsschub für die Wirtschaft bringt und dadurch neue Arbeitsplätze schafft“. Mez rechnet als Grundregel vor, „daß für jeden Arbeitsplatz in der Atomkraft zwei neue im Energiebereich entstehen“.

Daß ein Atomausstieg nicht zwangsläufig höhere CO2-Emissionen nach sich zieht, hat vor kurzem das Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Verkehr errechnet. Zwar würde sich der Ausstoß des Klimagases um 37 Prozent erhöhen, wenn die Atomkraftwerke einfach durch Kohlekraftwerke ersetzt würden. Würden aber optimierte Gaskraftwerke gebaut, in Energiesparmaßnahmen investiert und die regenerativen Energien besser gefördert, könnte es zu einer „nachhaltigen Stromversorgung“ mit geringen Treibhausgasemissionen kommen, die „weitgehend durch Kostenersparnis“ bezahlbar sei. „Klimaschutz und Atomausstieg sind also kein Widerspruch“, so die Studie, im Gegenteil könne der Ausstieg zum „Motor für den Klimaschutz“ werden. Bernhard Pötter

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