: Der Korruption an die Gurgel
■ Bremen bekommt ein neues Anti-Korruptions-Referat / Seit 1992 wurde in 542 Fällen wegen Korruption im Amt ermittelt
Die Bremer Behörden bekommen eine übergeordnete Stelle für die Korruptionsbekämpfung. Der Senat beschloß gestern, daß so schnell wie möglich ein Anti-Korruptions-Referat mit zweieinhalb Personalstellen eingerichtet werden soll. Angegliedert wird das Referat bei der Senatsverwaltung für das Personalwesen (SKP). Außerdem soll mit bereits vorhandenem Personal eine mobile Prüfgruppe gegründet werden, die aus einem Kripo-Beamten, einem Buchprüfer und einem Bautechniker zusammengesetzt sein wird. Die zwei neuen Anti-Korruptions-Maßnahmen ergänzen die Innenprüfungs-Abteilungen, die es bereits in einigen Ressorts gibt.
Das neue Referat scheint in Bremen überfällig zu sein. Zwischen 1992 und 1997 ermittelte die Staatsanwaltschaft laut Kriminalstatistik in immerhin 542 Fällen wegen Korruption im Amt. Davon wurden 366 Fälle aufgeklärt, das entspricht einer Aufklärungsquote von 67,5 Prozent.
Mit dem neuen Anti-Korruptions-Referat wird jetzt umgesetzt, wozu sich der Senat schon am 13. Januar grundsätzlich entschlossen hatte. Die SKP wurde damals beauftragt, ein Konzept zu erarbeiten, wie das neue Referat gegliedert werden könnte. Gleichzeitig sollten alle Ressorts eigene „Korruptionsbeauftragte“ ernennen. Außerdem sollte ein Bericht angefertigt werden, der zeigt, was die einzelnen Ressorts für die Vorbeugung und Bekämpfung von Korruption in den eigenen Reihen bislang unternehmen.
Ergebnis: Die Anstrengungen in den einzelnen Behördenteilen sind äußerst unterschiedlich. Im Häfen-, Arbeits- und Bildungsressort etwa gibt es noch keine extra eingerichteten Stellen für interne Überprüfungen. In den anderen Ressorts sind inzwischen zwar überall entsprechende Abteilungen für Innenrevision eingerichtet. Ein einheitliches Vorgehen aber gibt es dabei nicht.
Zum Beispiel beim Senator für Finanzen: Dort wird intern nur die Steuerverwaltung überprüft. Man verläßt sich zum großen Teil auf die Überprüfungen, die von der Oberfinanzdirektion und von den Finanzämtern durchgeführt werden. Auch bei der Senatsverwaltung für Frauen, Gesundheit, Jugend, Soziales und Umweltschutz wurden Schwerpunkte gesetzt: Das Amt für Soziale Dienste wird am genauesten überprüft, auch in den kommunalen Krankenhäusern wurden Revisionsstellen eingeführt. Beim Senator für Justiz wiederum gehen Bezirksrevisoren möglichen Ungereimtheiten nach. In der Bauverwaltung, die in anderen Städten oft Anlaß zur besonders genauen Überprüfung gab, glaubt man, durch die Arbeitsorganisation den Mißbrauch von Amt und Würden von vorn herein auszuschließen. Maßnahmen zur Korruptions-Prävention werden hier derzeit allerdings diskutiert.
In fünf Verwaltungen wurden seit Januar noch keine Korruptions-Beauftragten benannt – jetzt hat der Senat eine Deadline gesetzt. Bis zum 15. November, so der gestrige Beschluß, sollen die Kontrolleure in den fehlenden Ressorts eingesetzt werden. Ob die Fallzahlen der Korruption oder die Aufklärungsrate durch die neuen Maßnahmen steigt, wird in ein paar Jahren zu sehen sein. cd
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