: „Besser als den ganzen Tag Golf spielen“
Die Hamburger Freiwilligenagentur feiert ihren ersten Geburtstag ■ Von Karin Flothmann
Der Herbst steht auf dem Programm. Und dazu gehört natürlich „ein Walderlebnis“. Rund 15 Kinder sind begeistert bei der Sache. Gestern nachmittag streiften sie erst einmal durch den Kellinghusenpark und sammelten Blätter. Später, wenn jedes Blatt bestimmt ist und einen Namen hat, wollen sie mit ihren Funden ein Blattmuseum eröffnen. „Uns geht es darum, daß Kinder spielerisch Natur erleben“, erläutert Monika Walensky, pädagogische Leiterin im Kinder- und Jugendhaus des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND). „Damit beginnt Umweltschutz.“
Daß seit gestern nachmittag eine weitere Kindergruppe im reetgedeckten Jugendhaus mitten im Kellinghusenpark sein kann, verdankt der BUND der Freiwilligenagentur Hamburg. Denn diese schickte zwei Interessierte vorbei, die mitmachen wollten. „Unsere Jugendgruppenleiter arbeiten alle ehrenamtlich“, erklärt Walensky. Ihr wäre es nur allzu recht, wenn sich noch mehr Menschen für die Umweltarbeit mit Kindern begeistern könnten. Denn interessierte Kinder gibt es zur Genüge, die Warteliste ist lang.
Abhilfe schaffen könnte erneut die Freiwilligenagentur, die gestern ihren ersten Geburtstag feierte. Rund hundert Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren wollten, hat die Agentur inzwischen vermittelt. „Freiwilliges Engagement ist kein Lückenbüßer“, heißt es in ihrer Broschüre. „Es ist vielmehr der Wesenszug einer demokratischen und offenen Gesellschaft.“ Diesen Satz kann auch Sozialsenatorin Karin Roth (SPD) unterschreiben, die der Agentur eigene Räumlichkeiten in einem Gebäude ihrer Behörde in der Lagerstraße verschaffte. „Ohne Freiwillige wäre das Leben ärmer“, meinte sie gestern.
Roth sähe es am liebsten, wenn sich auch jüngere Menschen stärker für die Arbeit ohne Gelderwerb erwärmen könnten. Denn: „Früh übt sich, wer im Alter engagiert sein will.“ Tatsache hingegen ist, daß die meisten, die sich bisher bei der Agentur meldeten, zur älteren Generation gehören. „Das Durchschnittsalter ist 60“, meint Dieter Wilhelm Schmidt, Mitglied im Vorstand der Agentur.
Bis vor einem Jahr war Schmidt noch Sprecher der Hamburger Ärztekammer. Inzwischen geht es im Leben des 63jährigen nicht mehr ganz so offiziös zu: „Herr Schmidt, komm mal her. Ich versteh das nicht“, wird nachmittags oft gerufen, und zwar immer dann, wenn Schmidt in einem Hort Sechs- bis Neunjährigen bei den Schulaufgaben hilft. Abends kümmert er sich manchmal noch „um zwei ältere Menschen, eine Dame und einen Herrn“. Denen liest er aus der Zeitung vor und diskutiert mit ihnen Ereignisse des Tages.
Missen möchte er beide Ehrenämter nicht mehr. Warum er überhaupt mit ihnen begonnen hat, bringt ein Satz auf den Punkt: „Ich kann doch nicht den ganzen Tag Golf spielen.“
Freiwilligenagentur Hamburg, Lagerstraße 36, 20357 Hamburg, Tel.: 46880880
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